Burnout-Symptome (er)kennen und vorbeugen
Zusammenfassung: In den kbo-Kliniken und -Einrichtungen kümmern sich unsere Mitarbeitenden jährlich um rund 130.000 Menschen mit psychischen Erkrankungen. Dabei liegt der Fokus selbstverständlich auf den Patientinnen und Patienten. Doch was, wenn unsere Mitarbeitenden selbst psychische Belastungen erfahren? Diese Frage ist leider gar nicht so abwegig. Krankenkassenberichte zeigen immer wieder aufs Neue, dass das Burnout-Risiko bei Berufen in der Gesundheits- und Krankenpflege besonders hoch ist.
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Steigende Fallzahlen[1] veranschaulichen, dass psychische Erkrankungen eine der Hauptursachen für Arbeitsunfähigkeit sind, wobei das Burnout-Syndrom besonders hervorsticht. Früher oft als „Modekrankheit" abgetan, wurde Burnout mit der Einführung der ICD-11 am 01. Januar 2022 genauer als Syndrom definiert. Es wird spezifischer beschrieben als ein Zustand, der durch „Stress am Arbeitsplatz, der nicht erfolgreich verarbeitet werden kann“, verursacht wird, im Gegensatz zur vorherigen Kodierung in der ICD-10 unter „Probleme mit Bezug auf Schwierigkeiten bei der Lebensbewältigung“.
Gemäß der überarbeiteten Beschreibung ist unter Burnout ein Zustand der inneren Erschöpfung zu verstehen, in dem betroffene Personen es nicht mehr schaffen, einen Ausgleich zwischen Anspannung und Entspannung herzustellen. Sie befinden sich somit in einer scheinbar nicht mehr enden wollenden Stressschleife, leiden unter chronischem Stress.
Dieser Zustand, in dem der Körper keine Möglichkeit mehr hat, sich zu regenerieren, beeinträchtigt unsere seelische und körperliche Gesundheit. Im schlimmsten Fall kann es zu einem vollständigen Zusammenbruch kommen, der eine intensive Erholungsphase und professionelle Hilfe erfordert. Mit Sicherheit eine Verfassung, in die niemand unbedingt geraten möchte. Daher ist es umso wichtiger, möglichst viel darüber zu wissen, um richtig vorbeugen zu können.
[1]de.statista.com/statistik/daten/studie/239872/umfrage/arbeitsunfaehigkeitsfaelle-aufgrund-von-burn-out-erkrankungen/
Wie entsteht ein Burnout?
Ein Burnout entwickelt sich meist schleichend, doch im Nachhinein erkennen Betroffene oft die Warnsignale, die sie zuvor ignoriert haben. Hier folgen einige Faktoren, die die Entstehung eines Burnouts begünstigen können:
- Arbeitsüberlastung: zu hohe Anforderungen und ein übermäßiges Arbeitspensum
- Zeitdruck: ständige Eile und das Gefühl, nie genug Zeit zu haben
- Kontrollverlust: fehlender Einfluss auf die Gestaltung der Arbeit, Aufgaben oder Prozesse
- fehlende Anerkennung: Mangel an positivem Feedback und finanzieller Wertschätzung
- fehlender Gemeinschaftssinn: Mangel an Teamgeist und Unterstützung im Arbeitsumfeld
- mangelnde Gerechtigkeit: ungerechte Behandlung und mangelnde Fairness im Arbeitsumfeld
- Wertekonflikt: Aufgaben, die dem eigenen Wertesystem widersprechen oder mit denen man sich nicht identifizieren kann
- Verschmelzung von Arbeitswelt und Privatleben: ständige Erreichbarkeit über E-Mail und Handy, wodurch die Grenzen zwischen Arbeit und Freizeit verschwimmen
Mögliche weitere Ursachen für die Entwicklung eines Burnouts sieht PD Dr. Johannes Hennings, Oberarzt in der Einheit für Dialektisch-Behaviorale Therapie am kbo-Isar-Amper-Klinikum, zudem in alten Bewältigungsmustern, die wir in der Kindheit gelernt haben, um mit schwierigen Situationen zurechtzukommen. „Aus dieser Zeit mit ins Erwachsenenalter getragene Glaubenssätze wie Immer-Funktionieren-Müssen, Perfekt-Sein-Müssen, Brav-Sein-Müssen, Niemand-vor-den Kopf-Stoßen-Dürfen usw. können uns in den Burnout katapultieren“, so der Oberarzt. „Obwohl wir wissen, dass sie langfristig nicht hilfreich sind, wenden wir diese Strategien weiterhin bei allen Herausforderungen des Lebens an, sind dadurch unflexibel und laufen früher oder später in eine Sackgasse, sind ausgebrannt, weil das alles ziemlich viel Energie und Nerven kostet."
Was sind typische Anzeichen für ein Burnout?
Ein Burnout kann sich auf unterschiedliche Weisen zeigen und nicht alle Faktoren treffen auf jede betroffene Person zu. Dennoch steht fest, dass jeder Mensch ein Burnout erleiden kann, unabhängig von Alter, Beruf, Familienstand oder sonstigen Lebensumständen. Aus diesem Grund ist es entscheidend, sich selbst gut zu beobachten und auf die folgenden Warnsignale zu achten:
- Gefühl der Überforderung
- nachlassende Belastbarkeit
- mangelnde Antriebskraft und Leistungsfähigkeit
- starkes Misserfolgsgefühl
- inneres Leeregefühl und Sinnverlust
- Gedankenkreisen und Grübeln
- Nervosität und Konzentrationsstörungen
- Zynismus und Gleichgültigkeit
- Reizbarkeit und Anspannung
- Gefühl der Verzweiflung und Hoffnungslosigkeit
- Müdigkeit und Erschöpfung
- Schlafstörungen, Kopfschmerzen, Verdauungsstörungen
Wenn Überlastung und Erschöpfung über einen längeren Zeitpunkt anhalten, sollten Sie nicht zögern, einen Hausarzt aufzusuchen. Dieser kann die Symptome einordnen, eventuelle körperliche Ursachen untersuchen und gegebenenfalls an einen Fachspezialisten überweisen.
Wie wird ein Burnout behandelt?
„Die Behandlung ist in der Regel sehr individuell", erklärt Dr. Hennings. „Die Lebenssituationen sind unterschiedlich, die eigene Geschichte ist sehr persönlich und auch die eigene Resilienz variiert stark." Dr. Hennings betont, dass es im Allgemeinen drei Phasen gibt: „Wir sprechen von einer Akutphase, einer Post-Akutphase und einer Phase der Rückfallprophylaxe."
In der Akutphase geht es zunächst darum, weiteren Schaden zu verhindern, zur Ruhe zu kommen und äußere Stressoren fernzuhalten. Nicht selten ist hier auch eine klassische Depressionsbehandlung notwendig, die eine antidepressive Medikation beinhalten kann.
Anschließend folgt die Post-Akutphase. „Hier ist es wichtig, wieder einen Weg in den Alltag zu finden, idealerweise mit Anpassungen der Stressoren und einem funktionalen Umgang mit ihnen, wie zum Beispiel Sport anstelle von Alkohol", führt Dr. Hennings weiter aus.
Um ein erneutes Burnout langfristig zu verhindern, sei es unerlässlich, sich mit selbstschädigenden Mustern auseinanderzusetzen. „Dies geschieht in der Phase der Rückfallprophylaxe, oft im Rahmen einer Psychotherapie", so der Oberarzt abschließend.
Wie lässt sich ein Burnout vermeiden?
Um einem Burnout vorzubeugen, ist es entscheidend, verschiedene Aspekte des Lebens bewusst zu gestalten und zu pflegen. Hier ein paar hilfreiche Ansätze:
- gesunde Work-Life-Balance: Es geht darum, die Zeit zwischen beruflichen Verpflichtungen und persönlichen Interessen so zu verteilen, dass beide Bereiche ausreichend Beachtung finden. Das schafft nicht nur Ausgleich, sondern fördert auch das allgemeine Wohlbefinden.
- Setzen realistischer und realisierbarer Ziele: Ein wesentlicher Bestandteil dieser Balance ist das Setzen realistischer Ziele. Übermäßiger Druck und unerreichbare Erwartungen können schnell zu Stress und Überlastung führen. Indem man sich erreichbare und klare Ziele setzt, bleibt die Motivation erhalten und die Wahrscheinlichkeit von Frustration und Erschöpfung sinkt.
- regelmäßige Pausen im Arbeitsalltag: Kurze Unterbrechungen helfen, den Kopf freizubekommen und neue Energie zu tanken. Diese Pausen können genutzt werden, um kurz an die frische Luft zu gehen, sich zu dehnen oder einfach mal tief durchzuatmen.
- unterstützendes Arbeitsumfeld: Kollegen und Vorgesetzte, die Wertschätzung zeigen und ein offenes Ohr für Probleme haben, tragen maßgeblich zu einem positiven Arbeitsklima bei. Die Möglichkeit, Arbeit und Privatleben klar zu trennen, ist hierbei besonders wichtig. Klare Grenzen helfen dabei, nach Feierabend wirklich abzuschalten und sich zu erholen.
- körperliche Bewegung: Regelmäßige sportliche Betätigung hilft nicht nur, körperliche Verspannungen abzubauen, sondern fördert auch die Ausschüttung von Endorphinen, die als natürliche Stimmungsaufheller wirken. Ob ein Spaziergang im Park, Yoga oder ein intensives Workout im Fitnessstudio – jede Form der Bewegung kann dazu beitragen, das innere Gleichgewicht wiederherzustellen.
- professionelle Hilfe: Coaching oder Therapie bieten die Möglichkeit, individuelle Strategien zur Stressbewältigung zu entwickeln. Ein Coach oder Therapeut kann helfen, persönliche Stressauslöser zu identifizieren und Techniken zu erlernen, um besser mit belastenden Situationen umzugehen.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Burnout-Prävention ein ganzheitlicher Ansatz ist, der sowohl berufliche als auch private Aspekte umfasst. Indem man auf eine ausgewogene Lebensweise achtet, sich selbst nicht überfordert und Unterstützung in Anspruch nimmt, kann man effektiv vorbeugen und langfristig gesund und zufrieden bleiben.
Was tut kbo, um Mitarbeitende vor einem Burnout zu schützen?
Wie eingangs erwähnt, sind besonders Menschen in helfenden Berufen statistisch gesehen einem erhöhten Risiko für ein Burnout ausgesetzt. Daher liegt es auch mit in der Verantwortung des Arbeitgebers, Angebote zu schaffen, die die Gesundheit und das Wohlbefinden seiner Mitarbeitenden schützen.
kbo bietet hier eine Vielzahl freiwilliger Leistungen im Bereich der betrieblichen Gesundheitsförderung an, von Sport- und Fitnessangeboten bis hin zu Schulungen der kbo-Akademie, etwa zu Themen wie Resilienz und Stressbewältigung durch Achtsamkeit. Diese Angebote stehen allen kbo-Mitarbeitenden zur Verfügung.
Alle Benefits für Mitarbeitende finden Sie unter Ihr Plus bei kbo.
Welche Anlaufstellen gibt es bei Verdacht auf ein Burnout?
kbo-Mitarbeitende, die akute Anzeichen eines Burnouts bei sich bemerken, können sich an die betriebliche Sozialberatung oder den Betriebsärztlichen Dienst wenden. Dort erhalten Betroffene auch Unterstützung bei der Vermittlung weiterer Unterstützungsleistungen.
Darüber hinaus kann, wer sich in einer Akutsituation befindet, auch jederzeit an den Krisendienst wenden, ganz unabhängig davon, ob man bei kbo arbeitet oder nicht.