Die etwas andere Tätigkeit als Mitarbeiterin der Pflege: Belegungssteuerung in der kbo-Klinik Fürstenfeldbruck
Zusammenfassung: Wenke Erichsen ist seit fünf Jahren als Krankenschwester im Belegungsmanagement tätig. Täglich erreichen sie Anrufe von Patientinnen und Patienten, Angehörigen, Polizei, Rettungswägen und Krankenhäusern, die sie koordiniert und abwickelt. Im Blogartikel berichtet sie von ihren Aufgaben und Herausforderungen.
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Als ich vor fast fünf Jahren als Krankenschwester im Belegungsmanagement begann, konnte ich mir nicht vorstellen, dass sich ein fast ausschließlich übers Telefon stattfindender Personen-/Patientenkontakt zu einer der interessantesten, aber auch herausforderndsten Tätigkeiten meiner beruflichen Sozialisation entwickeln würde (beruflich war ich so gesehen auf die Pandemie vorbereitet).
Täglich erreichen mich als Mitarbeiterin der Zentralen Aufnahme einer Sektorklinik zwischen 20 und 40 Anrufe von Patientinnen und Patienten, Angehörigen, Polizei, Rettungswägen und Krankenhäusern des Lanskreises Fürstenfeldbruck und Dachau. Die Informationen bestehen aus einem bunten Mix an Erlebnisbeschreibungen, Erfahrungen, Krankheitsverläufen und -entwicklungen, biografischen und sozialen Problemstellungen. Alle gemeinsam haben sie, dass Bedarf an psychiatrischer Unterstützung besteht.
Da der Kontakt, anders als die Tätigkeit auf einer Station, zu 95 Prozent nicht physisch ist, gehen viele zwischenmenschliche Einschätzungsparameter verloren. Im Zuge dessen habe ich gemeinsam mit dem Leitungsteam ein Kommunikations- und Steuerungssystem in Bezug auf Anmelder und Patienten entwickelt, welches ermöglicht, eine fachliche Einschätzung zu geben und daraus einen adäquaten psychiatrischen Unterstützungsbedarf zu eruieren. Zupass kommen mir dabei auch die unterschiedlichen Hilfsangebote der Klinik wie (intensiv) ambulante Angebote, ambulante Krisensprechstunden in den Psychiatrischen Institutsambulanzen, das ambulante Angebot für Sucht- und Doppeldiagnosen, aufsuchend ambulante, tagesklinische und natürlich stationäre Angebote. Aber auch die gute und notwendige Kooperation mit peripheren komplementären therapeutischen Angeboten, wie Sozialpsychiatrischer Dienst und dem Krisendienst sind in der Entscheidungsfindung unerlässlich.
Was bedeutet es, als Krankenschwester im Belegungsmanagement zu arbeiten?
Wenn man sich die Tätigkeit wie eine Waage vorstellt, dann sind in der einen Waagschale alle Bedürfnisse von (möglichen) Patientinnen und Patienten, Informationen und Anliegen von außen zu sehen. In der anderen Waagschale befinden sich alle aktuellen inneren Bedingungen der Klinik selbst, wie Bettenkapazitäten, personelle Ressourcen oder organisatorische Abläufe. Belegungssteuerung ist der tägliche Versuch, eine Balance zwischen den beiden Waagschalen herzustellen und sich dabei aller möglichen Austarierungsstrategien zu bedienen, damit dies so gut wie möglich gelingt.
Zur „Hardskill“-Strategie gehört natürlich die fachliche Kompetenz und Erfahrung in meinem Beruf, das Studieren und Einschätzen von Verlegungsbriefen, das fachliche Hinter- und Erfragen von Zahlen, Daten, Fakten, die zur Indikationsstellung eines psychiatrischen Unterstützungsbedarfes in der Klinik notwendig sind.
Die „Softskill“-Strategie ist, wie so oft, die Kompetenz mit wertschätzender, feinfühliger und kollegialer Kommunikation und sozialer Kompetenz die Zwischentöne und Informationen herauszufinden, die am Entscheidungsprozess im Sinne der Patientinnen und Patienten notwendig sind. Die Teilnahme an wichtigen Besprechungen, wie Morgenrunde, Ambulanzbesprechung und Leitungszirkel, bieten Gelegenheit, die Informationen in den Steuerungsprozess zu integrieren, was zum Austarieren der Waage ungemein beiträgt. Zur Balance trägt auch die Möglichkeit bei, dass Entscheidungen und fachliche Fragen rund um die psychiatrische Versorgung von Patientinnen und Patienten, mit den dualen Leitungen der Stationen als auch multiprofessionell mit den Kolleginnen und Kollegen der Ambulanz reflektiert werden können.
Es ist nicht zu verhehlen, dass mitunter ein frostiger Wind in und aus beiden Waagschalen bläst. Insbesondere dann, wenn der Druck von außen sehr hoch ist, aber auch Bettenknappheit, Überbelegung und herausfordernde Patienten die tägliche Arbeit beeinflussen oder Anrufer berichten, bei x Therapeutinnen und Therapeuten ohne Erfolgsaussicht auf einen Therapieplatz, angerufen zu haben. Um die Ausgangsfrage zu beantworten, die Arbeit als Krankenschwester im Belegungsmanagement stellt eine wichtige Schnittstelle zur weiteren Behandlung in der Klinik dar und ist auch eine beziehungsgestalterische Schnittstelle zu den Menschen, die sich mit einem Behandlungswunsch an die Klinik wenden. Dabei kann man sich dem manchmal aufkommenden Gegenwind entgegenstellen oder den Wind nutzen, um auf der Welle mit zu gleiten und dabei kreative Lösungen gemeinsam mit den Patientinnen und Patienten und Angehörigen als auch mit den Kolleginnen und Kollegen im Haus zu erarbeiten und zu entwickeln.