Nachwuchsführungskräfte des kbo-Sozialpsychiatrischen Zentrums im Porträt
Zusammenfassung: Mit dem Wachstum der Angebote des kbo-Sozialpsychiatrischen Zentrums entwickelte sich die Führungskräfte-Struktur weiter. Wir stellen die neuen Führungskräfte vor.
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Als vergleichsweise kleine Gesellschaft hatte das kbo-Sozialpsychiatrische Zentrum (kbo-SPZ) lange Zeit eine recht überschaubare Führungsstruktur. Führungskräfte – das waren im Wesentlichen: Geschäftsführer, Abteilungsleitung, Bereichsleitungen. Mit dem Wachstum und der Ausdifferenzierung der Angebote ging auch eine Weiterentwicklung der Führungskräfte-Struktur und -Organisation einher.
2015 erprobten wir die Funktion von Teamleitungen in der Abteilung Sozialpsychiatrie und etablierten nach erfolgreichem Abschluss der Erprobung auch formal die sogenannte vierte Führungsebene. Bei SeelenART gab es, aufgrund der Besonderheiten des Bereichs, schon etwas länger eine Teamleitung. Auch anderen Besonderheiten haben wir Rechnung getragen: So gibt es im geschlossen geführten Übergangswohnheim (GÜW) eine stellvertretende Heimleitung und im Fachbereich Rosenheim eine stellvertretende Bereichsleitung. An dieser Stelle sollen aber nicht die formalen Aspekte vertieft werden. Vielmehr wollen wir unseren Nachwuchsführungskräften ein Forum geben, sich vorzustellen.
Manche sind schon länger in dieser Funktion, andere sind erst seit kurzem dabei. Allen gemeinsam ist, dass sie nicht als Führungskräfte im kbo-SPZ angefangen haben. In einem – coronabedingt virtuellen – Austausch habe ich neugierige Fragen gestellt und interessante Antworten bekommen.
Unsere Nachwuchsführungskräfte im Porträt
Die Sozialpädagogin ist seit 2015 im kbo-SPZ tätig. Begonnen hat sie als WG-Betreuung. Seit Januar 2020 ist sie Teamleitung in Taufkirchen (Vils).
Frau Frick, wie ist es für Sie, ein multiprofessionelles Team zu leiten?
VF: Mein Team besteht aus Fachkrankenschwestern für Psychiatrie, einem Ergotherapeuten, einer Kunsttherapeutin, einer Schneiderin und mir als Sozialpädagogin. Die Fachkrankenschwestern verfügen über ein fundierteres Wissen bezüglich der Formen psychischer Erkrankungen und nehmen hier oft eine beratende Funktion ein. Dagegen bringen die Berufsgruppen aus dem therapeutischen Bereich verstärkt Ideen für den gestalterischen Umgang mit den Auswirkungen der Erkrankungen ein. In unserem multiprofessionellen Team können wir uns über die unterschiedlichen Berufsgruppen hinweg gut austauschen und ergänzen, von den Perspektiven anderer profitieren und gemeinsam Ideen entwickeln. Als Leitung gibt mir das die Möglichkeit, die Teammitglieder gemäß ihren Stärken einzusetzen.
Eine Konkurrenzsituation habe ich bisher zum Glück noch nicht erlebt. Da wir noch ein relativ kleines Team sind, konnten wir uns bisher bei unterschiedlichen Ansichten am Ende immer einig werden. Meine Aufgabe als Führungskraft sehe ich diesbezüglich vor allem darin, einen Rahmen vorzugeben und die Personen der unterschiedlichen Berufsgruppen als Expertinnen und Experten in ihrem jeweiligen Bereich zu betrachten. Dazu gehört es dann auch, mich in meiner eigenen Perspektive mal zurückzunehmen.
Die Sozialpädagogin ist seit 2013 im kbo-SPZ tätig. Begonnen hat sie als WG-Betreuung. Seit 2019 ist sie Teamleitung in München-Nord.
Frau Reisch, welche Kompetenzen in Ihrer Ausbildung haben Sie erworben, die Ihnen jetzt als Führungskraft hilfreich sind?
LR: In meinem Masterstudium „Mental Health“ an der Hochschule München habe ich mir unter anderem zu den Themen Management und Organisation von Gesundheits- und Sozialbetrieben ein fundiertes Wissen angeeignet. Während des Studiums konnte ich mein eigenes Handlungsfeld reflektieren und mir gerade im Bereich Konfliktmanagement und Unternehmenskultur neue Kompetenzen aneignen. Zunächst einmal war es für mich von Bedeutung, auch mal die Sichtweise zu verändern und zu erweitern: Was ist aus Sicht des Arbeitsgebers wichtig? Wie funktioniert ein gutes unternehmerisches Führungssystem? Was ist überhaupt eine Wirtschaftsplanung und welche Organisation steckt dahinter? Also die ganzen theoretischen Grundlagen und das wirtschaftliche Denken, das für ein soziales Unternehmen von großer Bedeutung ist und das man aber in der Praxis als WG-Betreuung nicht wirklich mitbekommt. Dieses Wissen hat mir den Einstieg in meine neue Rolle zu Beginn auf jeden Fall erleichtert. Ich musste also nicht mehr bei Null anfangen, wenn es um die Bearbeitung des Controllingberichts, das Beschaffungswesen oder die Personalplanung ging. Durch das Kennenlernen verschiedener Führungsstile während des Studiums konnte ich zudem meine eigene Haltung als Führungskraft festigen und reflektiere diese ständig neu, gerade in bestimmten Situationen, in denen man als Führungskraft bestimmt und souverän auftreten muss.
In unserem Berufsfeld gehören Krisen zum Alltag. Diese zu erkennen sowie richtig und schnell zu handeln ist unabdingbar. Als Teamleitung trägt man eine große Verantwortung für den gesamten Bereich. Durch das Erlernen von kriseninterventionellen Verfahren, aber auch das Verständnis für Möglichkeiten und Grenzen des eigenen Handelns in Krisensituationen habe ich die Kompetenz entwickelt, Entscheidungen souverän zu treffen und somit eine gewisse Sicherheit an die Mitarbeitenden weiterzugeben.
Die positive Rückmeldung meines Arbeitsumfeldes ist mir wichtig und gibt mir Sicherheit und Bestätigung für meine tägliche Arbeit.
Die Fachkrankenschwester für Psychiatrie ist seit 2016 im kbo-SPZ tätig. Angefangen hat sie als WG Betreuung. Seit 2019 ist sie als Teamleitung in München-Ost tätig.
Frau Mattes, welchen Gestaltungsspielraum haben Sie als Teamleitung, zum Beispiel hinsichtlich Personalauswahl, Konzeptentwicklung etc.?
CM: Ich bin ja noch gar nicht so lange Teamleitung. Ich habe, bevor ich Teamleitung wurde, einige Wochen stellvertretende Aufgaben einer Teamleitung übernommen,bwas meinen Wunsch, Führungskraft zu werden, verstärkte. Als ich dann Teamleitung wurde, war jedoch sehr schnell klar, dass noch sehr viele andere Aufgaben und Anforderungen auf mich zukommen würden, die ich nur zum Teil in einem solch umfangreichen Ausmaß gesehen habe. Da mein Team mich aber gleich als seine neue Führungskraft akzeptiert hatte, vereinfachte mir dies den Prozess, mich in mein neues Aufgabengebiet einzuarbeiten.
Der Gestaltungsspielraum ist meiner Ansicht nach groß. Ich kann viele Dinge selbst entscheiden und Veränderungen herbeiführen. Ich kann in meiner Funktion als Teamleitung die hohe Flexibilität und den Gestaltungsspielraum mit den einzelnen Teammitgliedern erarbeiten und so zu einer guten Arbeitsatmosphäre und hoher Mitarbeiterzufriedenheit beitragen. Ein Beispiel für den Gestaltungsspielraum ist, dass ich bei den Vorstellungsgesprächen für neue Mitarbeitende selbst entscheide, wer ins Team passt, und auch entscheiden kann, welcher WG-Betreuer in welcher WG am besten arbeiten kann, um so seine individuellen Kompetenzen gewinnbringend für die Bewohnerinnen und Bewohner einzubringen.
Die Kunsttherapeutin ist seit 2008 im kbo-SPZ tätig. Begonnen hat sie in der Kunstwerkstatt. In der Funktion Koordination Kunst und Kultur ist sie seit 2010, Teamleitung seit 2014.
Frau Ostermayer, Sie sind die dienstälteste Nachwuchsführungskraft im kbo-SPZ. Wie kam es dazu? Und was motiviert Sie dazu, Führungskraft zu bleiben?
UO: Als Bildhauerin und kunsttherapeutische „Anfängerin“ (2008) in der damaligen Kunstwerkstatt eröffnete sich durch den ehemaligen sehr ambitionierten Geschäftsführer Prof. Dr. Markus Witzmann in einem rasanten Tempo ein weitgefächertes Aufgabenfeld für mich. Den Fokus zu Beginn auf das Kunsttherapeutische gerichtet, wurde sehr schnell klar, dass es nicht dabei bleiben sollte. Viele Ideen warteten auf Umsetzung und so formte sich sehr bald ein vielseitiger, bunter Arbeitsbereich, an dem ich immer mehr Gefallen fand. Seit 2010 entstanden laufend neue SeelenARTProjekte, wie der Kunstförderpreis, die Galerie, die Abo-Reihe, die Tagesstätte, ein Laden, ein Künstlertreff und ein Bilderverleih. Das SeelenART-Team erweiterte sich und neue Aufgaben als Teamleitung stellten mich vor abwechslungsreiche Herausforderungen. Ich wurde zum Beispiel in meiner neuen Funktion als Teamleitung zur Vorgesetzten meiner früheren Führungskraft. Eine konstruktive Zusammenarbeit musste sich in dieser Neuordnung erst etablieren.
Mit dem Aufbau der Tagesstätte SeelenART ergab sich zudem eine ganz neue Arbeitsebene. Teamorientiert entstanden hier, mit den unterschiedlichen Ideen der Einzelnen, spannende Inhalte für den Betrieb der Tagesstätte. Als Teamleitung die Ideen, Bedürfnisse und Anforderungen gut zu bündeln, ist sicherlich bis heute eine spannende Aufgabe. Die Koordination der vielseitigen SeelenART-Projekte bleibt somit eine herausfordernde Führungstätigkeit. Besonders schätze ich das gemeinsame Realisieren der SeelenART-Ideen mit seinen umfangreichen freien Gestaltungsmöglichkeiten in einem selbstständigen Arbeitsprozess. Meine Motivation gründet in der festen Überzeugung der heilsamen und ausgleichenden Wirkung von Kunst und kreativem Schaffen.
Auch wenn bis 2008 ein Angestelltenverhältnis für mich undenkbar war, kann ich das heute für mich als sehr stimmig bezeichnen. Gespannt blicke ich auf die zukünftigen SeelenART-Entwicklungen, auf einen regen Teamaustausch und erfreue mich an bewährten sinngebenden, erfolgreichen Projekten.
Die Sozialpädagogin ist seit 2015 im kbo-SPZ tätig. Begonnen hat sie als Fachkraft der Betreuung im Geschlossenen Übergangswohnheim (GÜW). Seit 2016 ist sie Teamleitung der Betreuung und zudem seit 2019 stellvertretende Heimleitung.
Frau Garsky, hat sich durch Ihre Leitungstätigkeit die Wahrnehmung des kbo-SPZ verändert? Sehen Sie manche Dinge jetzt anders als vorher?
HG: Ich bin der Meinung, dass sich die Wahrnehmung zwangsläufig verändert, wenn man einen anderen Blickwinkel einnimmt. Und so hat sich auch meine Wahrnehmung des kbo-SPZ durch meine Leitungstätigkeit verändert. Sehr präsent ist mir noch die Zeit des Ankommens im kbo-SPZ. Ich begann meine Tätigkeit mit Eröffnung des GÜW im April 2015 als Fachkraft in der Betreuung. Es brauchte Zeit, mich in den kbo-Strukturen zurechtzufinden und die Rolle, den Platz des kbo-SPZ und meinen eigenen Platz in diesem System einzuordnen. Auf dem Klinikgelände zu arbeiten, die kbo-Gemeinsamkeiten und Abgrenzungen des kbo-Isar-Amper-Klinikums Haar zu verstehen, war anfangs nicht einfach. Weil ich als kbo-Neuling nicht schon dort ausgebildet und seit Jahren auf dem Klinikgelände tätig war, eröffnete mir die Leitungstätigkeit die Möglichkeit, mir ein differenzierteres eigenes Bild zu machen. Sehr hilfreich waren hier unter anderem die Führungskräfteschulungen. Inhaltlich lehrreich, wirklich hilfreich aber durch die Vernetzung mit anderen kbo-Führungskräften. Dies brachte die Chance, sich auf kollegialer Ebene kennen und schätzen zu lernen.
Heute glaube ich, dass es nicht nur meine persönliche Herausforderung war, die Gemeinsamkeiten der unterschiedlichen kbo-Gesellschaften zu verstehen, sondern eine allgemeine, diese weiter auszugestalten. Auch kbo-SPZ-intern bedeutete der Wechsel in die Führungsebene eine Veränderung meiner Wahrnehmung. Dazu beigetragen hat sicher der Umstand, dass man als Führungskraft auf eine andere Art und Weise informiert ist. Ich denke, weil man einfach anders involviert ist. Im Kontakt zu anderen Führungskräften, durch die Teilnahme an entsprechenden Treffen und Besprechungen, eröffnet sich ein anderer Zugang, zum Beispiel zu Vorgaben des Trägers, der Planung von Arbeitsabläufen oder eingeführten Maßnahmen. Wichtig finde ich, diese Erkenntnis mitzunehmen und in die eigene Führungsarbeit zu integrieren.
Und neben dem, was einem selbst vorgegeben wird, ist man als Führungskraft häufig an der Entstehung von Neuem beteiligt. Das bringt eine andere Verantwortung mit sich, die ebenso die eigene Sichtweise verändert. Im GÜW war gerade die Anfangszeit nach Eröffnung besonders, denn hier haben wir alle, Mitarbeitende und Führungskräfte, gemeinsam etwas völlig Neues, eine neue Einrichtung, entstehen lassen. Alle brachten sich und ihre Ideen ein und alle fühlten sich verantwortlich. Je mehr man sich kreativ beteiligt, desto verantwortlicher fühlt man sich für das, was daraus entsteht, denke ich. Als dann vieles erarbeitet und beschlossen war, schwand dieser Effekt. Ich glaube, eine der größten Herausforderungen ist, immer wieder Raum für diesen zu schaffen. Im GÜW versuchen wir das, auch wenn es nach über fünf Jahren mehr Anstrengung und Überlegung bedeutet, diesen kreativen Raum zu schaffen und alle einzubeziehen.
Einen großen Vorteil sehe ich darin, auch als stellvertretende Heimleitung und Leitung des Betreuungsteams noch anteilig als Fachkraft in der Betreuung tätig zu sein. Dann arbeite ich mit dem Team, das ich leite, und erledige die gleichen Aufgaben. Eine gute Möglichkeit zu prüfen, ob das, was wir im Leitungsteam erarbeiten, in der Praxis auch gut umsetzbar ist und sicherzustellen, dass der rote Faden, der sich durch die Ebenen ziehen sollte, nicht abreißt. Und auch diese nahe Zusammenarbeit mit den Mitarbeitenden verändert meine Wahrnehmung und ergänzt die der Führungskraft, die ich bin.
Der Fachkrankenpfleger für Psychiatrie ist seit 2019 im kbo-SPZ tätig. Begonnen hat er als WG-Betreuung. Seit April 2020 ist er Teamleitung in Erding.
Herr Wallner, würde es Sie reizen, eine höher angesiedelte Führungsstelle zu übernehmen?
AW: Was die Zukunft bringt, kann niemand sagen. Eine höher angesiedelte Führungsstelle bedeutet sicherlich eine größere Herausforderung, an der man wachsen kann, die aber auch viel Erfahrung voraussetzt. Es wäre eine Veränderung, der ich zum jetzigen Zeitpunkt mit Skepsis begegnen würde, da mir der direkte Kontakt zu den Klientinnen und Klienten in meiner Arbeit sehr wichtig ist.
In meiner bisherigen beruflichen Laufbahn konnte ich bereits Erfahrung in einer Leitungsposition sammeln und bin umso mehr erfreut über den Handlungsspielraum, der sich mir im kbo-SPZ bietet. Aber auch über die Flexibilität und die kurzen Dienstwege, die ich so bisher nicht kannte.
Im Moment bietet mir meine aktuelle Position alle Herausforderungen, denen ich mich gewachsen fühle und vereint zum einen die Arbeit am Klienten und zum anderen die Aufgaben als Führungskraft. Eine höhere Führungsstelle würde mich erst dann reizen, wenn sich Routine in meinem Arbeitsalltag einstellen würde und somit Stillstand, was meine persönlichen Herausforderungen betrifft.
Die Sozialarbeiterin ist seit 2017 im kbo-SPZ tätig. Begonnen hat sie als WG-Betreuung. Seit Mai 2020 ist sie stellvertretende Bereichsleitung in Rosenheim.
Frau Fischer, als stellvertretende Bereichsleitung im Fachbereich Rosenheim sind Sie für viele unterschiedliche Angebote mit verantwortlich. Was möchten Sie zukünftig noch verwirklichen?
CF: Die Kontakt- und Begegnungsstätte für suchtkranke und suchtgefährdete Menschen in Wasserburg am Inn besteht seit zwei Jahren. Nun steht, wegen der konstant steigenden Besuchszahlen, der Ausbau auf 20 Plätze an. Für die Umsetzung der daran geknüpften Anforderungen werden Lösungen erarbeitet, um einen reibungslosen Ablauf zu gewährleisten. Die Zusammenarbeit im Team Tagesstruktur sowie den Netzwerkpartnern bedarf besonderer Koordination, um die Anforderungen umsetzen zu können, aber auch die Mitarbeitenden miteinzubeziehen, um ein Arbeitsklima zu schaffen, in dem man sich mit Wertschätzung auf Augenhöhe begegnen kann.
Der Aufbau und Ausbau der einzelnen Bereiche im Landkreis Rosenheim gibt viele Handlungs- und Gestaltungsmöglichkeiten. Hier mitzuwirken und eigene Ideen einbringen und umsetzen zu können, ist eine große Freiheit wie auch ein großes Feld, um Erfahrungen zu sammeln. Dies ist in meinen Augen eine sehr interessante und reizvolle Aufgabe.
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