Zum Seitenanfang
Mutter-Kind-Station am kbo-Inn-Salzach-Klinikum

Arbeiten als Erzieherin in der Mutter-Kind-Einheit des kbo-Inn-Salzach-Klinikums

Zusammenfassung: Wenn Mütter psychisch erkranken, kann das auf vielfältige Weise zur Belastung für die gesamte Familie werden. Gerade, wenn Kinder noch sehr klein sind oder die Mutter alleinerziehend ist. Wird eine (teil-)stationäre therapeutische Behandlung nötig, stellt sich für viele Familien daher die Frage, wer während der Therapie-Stunden die Kinder betreut oder wie der Umgang mit diesen aufgrund der eigenen seelischen Erkrankung aussehen soll und kann. Die Mutter-Kind-Einheit im kbo-Inn-Salzach-Klinikum sorgt dafür, dass Betroffene sich darüber keine Sorgen machen müssen. Die Station ermöglicht stationäre Behandlungen für Frauen mit psychischen Erkrankungen, ohne dass eine länger andauernde Trennung vom Kind erfolgen muss. Gerda Laur-Gebhardt, staatlich anerkannte Erzieherin, erzählt im Interview, was es für sie heißt, auf dieser besonderen Station zu arbeiten.

Von Magdalena Mayer am

Themen:

Frau Laur-Gebhardt, was macht die Arbeit als Erzieherin in solch einer Einheit so besonders? Wie unterscheidet sie sich von einer „normalen“ Stelle in einer Kindertagesstätte?

Gerda Laur-Gebhardt– G. L.-G.: Wir sind ein großes multiprofessionelles Team, das sowohl die psychisch erkrankte Mutter im Blick hat als auch das Kind, das hier auf Station als Gast mit aufgenommen wird. Es steht also nicht nur die Patientin im Mittelpunkt, sondern auch das Wohl des Kindes. Meine Hauptaufgabe ist es, den Kindern eine so angenehme Zeit wie möglich zu gestalten. Ihr Spaß und Wohlbefinden steht an erster Stelle. Da wir uns nicht an die Vorgaben des bayerischen Bildungs- und Erziehungsplans richten müssen, können wir uns ganz auf die momentanen Bedürfnisse der Kinder konzentrieren.

 

Braucht es hierfür neben der Erzieherinnen-Ausbildung noch eine zusätzliche Ausbildung oder Fähigkeiten?

G. L.-G.: Teamfähigkeit, viel Empathie und eine wohlwollende Grundhaltung sind die Voraussetzung für die Arbeit auf der Mutter-Kind-Station. Genauso profitiere ich von meiner Zusatzausbildung als „FamilienTeam“-Trainerin (oder Eltern-Coach genannt), um die Mutter in ihren Aufgaben ressourcenorientiert zu unterstützen. Da die Mutter-Kind-Bindung ebenfalls einen wichtigen Bereich einnimmt, durfte ich mich auch zur Anleiterin für Baby-Massage nach der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Baby-Massage zertifizieren lassen.

 

Bedarf es besonderer Räumlichkeiten für die Betreuung?

G. L.-G.: Ja, insofern, dass das Kinderzimmer für jedes Alter, also 0 bis 6 Jahre, ausgestattet sein muss. Baby-Wippe, Hängematte, taktiles Spielzeug gehören genauso zum Inventar wie Bilderbücher, Tischspiele, Fahrzeuge und Bastelmaterialen. Die Station an sich verfügt über sieben Mutter-Kind-Einzelzimmer mit einem eigenen Bad. Ebenso gibt es einen separaten Aufenthaltsbereich für Mütter. Auch der große eingezäunte Garten ist kindgerecht gestaltet.

 

Was ist besonders wichtig, damit sich die Kinder in der Betreuungszeit wohl und geborgen fühlen?

G. L.-G.: Tatsächlich ist es meines Erachtens erstmal wichtig, dass der Elternteil Vertrauen zu uns aufbaut und das Kind in guten Händen wägt. Da wir in der Regel zu zweit für maximal sieben Kinder zuständig sind, haben wir Zeit für jedes einzelne und können ihm die Aufmerksamkeit schenken, die es braucht. Zudem haben wir den Vorteil, dass Mama immer greifbar ist, wenn es dem Kind einmal nicht gut geht. Notfalls muss die Patientin auch mal die Therapie unterbrechen, um für das Kind da zu sein.

 

Die von Ihnen betreuten Kinder sind im Alter von 0 Jahre und in Einzelfällen bis zu 6 Jahre alt. Wie lassen sich die verschiedenen Entwicklungsstadien der Kinder bei der Betreuung vereinen? Oder: Werden die Kinder jeweils einzeln betreut?

G. L.-G.: Das ist natürlich eine Herausforderung. Wir betreuen ja keine länger gewachsene Gruppe – es ist immer ein Kommen und Gehen. Aber jede Altersgruppe kann voneinander lernen. Es ist unsere Aufgabe, schnell herauszufinden, was den Kindern gefällt und was sie gerne tun. Babys sind zum Beispiel fasziniert, wenn ein 2-Jähriger (oder Zweijähriger) in der Tobe-Ecke an der Hängematte rumturnt. Und ältere Kinder helfen liebend gerne beim Wickeln und Füttern von Säuglingen.

 

Stellen Sie gewisse wiederkehrende Verhaltensweisen oder Auffälligkeiten bei Kindern fest, deren Eltern seelisch erkrankt sind?

G. L.-G.: Ich bin immer wieder überrascht, wie gut die Kinder entwickelt sind und wie unauffällig sie sich verhalten. Allerdings ist das manchmal auch das Problem. Kinder können sich gut an schwierige Alltagssituationen anpassen, ausgelöst durch die erkrankte Bezugsperson. Gerade hier ist es wichtig zu intervenieren und die Eltern dabei zu unterstützen, die Individualität und eine gesunde Entwicklung ihres Kindes zu fördern.

 

Gibt es besondere Betreuungsangebote, die gleichzeitig einen therapeutischen Charakter für die Kinder mitbringen?

G. L.-G.: Ja natürlich! Wie schon erwähnt, sollen auch die Kinder vom Klinikaufenthalt profitieren. Baby-Massage, Mutter-Kind-Kreis oder der Erziehungskreis sind therapiebegleitende Angebote zur Stärkung der Mutter-Kind-Bindung bzw. -Beziehung. Außerdem sind wir immer wieder bemüht, auch klinikinterne Therapeuten für Mutter-Kind-Angebote zu gewinnen: Mutter-Kind-Kochen, Bewegungseinheiten von den Sporttherapeuten, Musik für Mutter und Kind gehören zum festen Bestandteil des Therapie-Angebots.

 

Gibt es in Ihrer täglichen Arbeit etwas, das sie besonders motiviert oder Ihnen Kraft gibt?

G. L.-G.: In erster Linie sind es die kleinen Fortschritte, die die Mutter in der Bewältigung ihrer psychischen Erkrankung macht. Ich kann Mutter und Kind ein Stück begleiten und ein wenig Einfluss nehmen auf das Wohlbefinden der beiden.

 

Vielen Dank für die vielen Einblicke in Ihre Arbeit, Frau Laur-Gebhardt!