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Romed-Klinik und kbo-Inn-Salzach-Klinikum Wasserburg am Inn

Ein Jahr „Klinik-WG“ in Wasserburg am Inn – ein Modellprojekt für die Zukunft

Zusammenfassung: Seit Dezember 2022 befinden sich die RoMed-Klinik und das kbo-Inn-Salzach-Klinikum unter einem gemeinsamen Dach. Der Zusammenzug brachte für beide Klinikträger große Veränderungen und Chancen mit sich. Seither hat sich sowohl für die Mitarbeitenden beider Kliniken als auch für die Patientinnen und Patienten aus Wasserburg am Inn und Umgebung einiges verändert.

Von Franziska Amann am

Themen:

Nach knapp zehnjähriger Planungs- und Bauzeit wurde im Dezember 2022 in Wasserburg am Inn einer der größten Klinikneubauten Bayerns eröffnet. Das Besondere daran: das kbo-Inn-Salzach-Klinikum und die RoMed-Klinik teilen sich ein Gebäude und profitieren beiderseitig von zahlreichen Synergieeffekten.

Im gemeinsamen Interview plaudern Dr. Tobias Winkler, Chefarzt der Klinik für Neurologie am kbo-Inn-Salzach-Klinikum, und Dr. Stephan Bayerl, RoMed-Leiter der Zentralen Notaufnahme, aus dem Nähkästchen und zeigen exemplarisch für beide Kliniken die positiven Veränderungen in der Zusammenarbeit, die durch die räumliche Nähe entstanden sind.

 

Wie sah die Zusammenarbeit der Kliniken vorher aus und wie ist es jetzt?

Dr. Tobias Winkler – T. W.: Eine sehr gute Zusammenarbeit bestand unter den Fachdisziplinen auch vorher. Wenn es zum Beispiel um Untersuchungen von Patienten aus der RoMed ging, war in der Vergangenheit immer ein Krankentransport nötig, was für die Patienten eine zusätzliche Belastung, wenn nicht sogar Hürde bedeutete. Jetzt haben wir von einer Klinik in die andere wirklich kurze Wege, sind sozusagen Tür an Tür. Außerdem muss nicht mehr jede Klinik einen eigenen Computertomographen (CT) vorhalten, der ja für Notfälle rund um die Uhr einsatzbereit sein muss. In Zeiten des Fachkräftemangels werden so Personalressourcen sinnvoller als zuvor eingesetzt.

Dr. Bayerl – S. B.: Und: Patienten werden dadurch Doppeluntersuchungen erspart, weil CT- und Röntgenbilder in beide Kliniksysteme eingespielt werden können. Ein weiterer großer Vorteil ist, dass bettseitig – also beim Patienten auf Station – jetzt klinikübergreifend mehrere Fachrichtungen zusammenkommen, gemeinsam Einblicke in die Krankenakte nehmen und miteinander die besten Optionen für den Patienten besprechen. Extra Ausdrucke und Postversand der Befunde wie Labor, Krankenverlauf und Arztbrief für den anderen Klinik-Kollegen entfallen damit und das spart richtig Zeit.

T. W.: Ein Beispiel: Schwindel ist das häufigste Symptom in der Neurologie. Samstagabend kommt ein Patient mit Schwindel in das kbo-Inn-Salzach-Klinikum. Die Dienstärztin der Neurologie stellt fest, dass in diesem Fall ausnahmsweise keine neurologischen Gründe vorliegen, sondern hier vermutlich doch ein kardiologisches Problem besteht. Dann telefoniert sie mit dem RoMed-Kollegen, bespricht sich und bekommt eine schnelle fachliche Mitbeurteilung. In diesem Beispielfall wird der Patient dann über den Gang in die andere Klinik verlegt und ist dort richtig aufgehoben.

 

Was ist der größte Benefit für Patientinnen und Patienten?

S. B.: Ganz offiziell werden das kbo-Inn-Salzach-Klinikum und die RoMed-Klinik Wasserburg am Inn gegenüber der Rettungsleitstelle als eine interdisziplinäre Einheit dargestellt. Das heißt, in IVENA (die Abkürzung steht für „Interdisziplinärer Versorgungsnachweis“) sind wir als ein gemeinsam agierendes Krankenhaus abgebildet – meines Wissens deutschlandweit einzigartig! In diesem Onlinesystem können Krankenhäuser ihre Ressourcen eintragen und die Rettungsleitstellen finden eben über dieses System IVENA ein freies Krankenhaus. Konkret heißt das, dass die Ressourcen von RoMed, wie Anästhesie und Innere Medizin, und die Ressourcen von kbo, wie Neurologie, von der Rettungsleitstelle quasi gemeinsam gebucht werden können. Für schwersterkrankte Patienten, wie bei einem Schlaganfall oder bei unklaren Bewusstseinsstörungen, heißt das, dass wir von kbo und RoMed beim CT oder Schockraum eintreffen und den Patienten vom Rettungsdienst übernehmen und uns gemeinsam um ihn kümmern.

T. W.: Das bedeutet für die Menschen in der Region, dass sie selbst mit schwerwiegenderen Erkrankungen hier behandelt werden können, was zuvor die einzelnen Standorte für sich alleine nicht hätten leisten können.

 

Man spricht gerne von „Prozessthemen“, wie sieht es da aus?

T. W.: Wir haben viele gemeinsame Schnittstellen, die auch immer weniger Feinjustierung benötigen. Am gleichen Standort ist es viel unkomplizierter, der Austausch untereinander einfacher und vor allem viel persönlicher, weil man sich kennt. Diese neue Kollegialität macht uns allen sehr großen Spaß.

S. B.: Die gegenseitigen Patientenbesuche werden als sogenannte Konsile untereinander verrechnet, wobei wir bereits feststellen konnten, dass uns auch verwaltungstechnisch der Zusammenzug sehr zugutekommt, da viele Kleinigkeiten unkompliziert und auf schnellem Weg gelöst werden können. Ein weiteres Beispiel für die sehr gute Zusammenarbeit ist, dass wir angefangen haben, gemeinsame Fortbildungen zu machen.

 

Welche weiteren positiven Entwicklungen fallen Ihnen auf?

T. W.: Als großen Vorteil für das kbo-Inn-Salzach-Klinikum sehe ich zudem, dass unsere Klinik für Neurologie auch räumlich mit einigen psychiatrischen Stationen verbunden ist. Dadurch rücken wir Neurologen und Psychiater im eigenen Klinikum ebenfalls noch näher zusammen. Wir waren zwar hier schon immer an einem Standort, aber unsere Schnittstellen sind durch die kurzen Wege nochmal einfacher geworden.

S. B.: Echt gelungen finde ich übrigens die lockere Atmosphäre der gemeinsamen Cafeteria. Mitarbeitende, Besucher und Patienten, egal mit welcher Erkrankung, treffen aufeinander. Das trägt zu weniger Stigmatisierung bei.

 

Fazit:

Ein Jahr nach Inbetriebnahme des Neubaus kann also auf eine erfolgreiche Entwicklung der „Klinik-WG“ zurückgeblickt werden. Unisono betonen beide Ärzte, dass die Kliniken im Krankenhausalltag voneinander profitieren und es ein gelungenes Miteinander ist – zum Wohle aller Patientinnen und Patienten in der Region.

Die RoMed-Klinik konnte mit Bezug der Räumlichkeiten die Umzüge bereits abschließen, in der Psychiatrie gehen die baulichen Veränderungen noch weiter. Der Neubaubereich des kbo-Inn-Salzach-Klinikums wird in den nächsten Jahren nach und nach um weitere Bauten, sogenannte Pavillons, ergänzt. Die vorbereitenden Arbeiten für den nächsten Bauabschnitt haben bereits begonnen.

Das Projekt „Klinik-WG“ wird also weiterhin wachsen, denn auch für die weitere Zukunft steht eine kontinuierliche Verbesserung der Gesundheitsversorgung in der Region im Fokus, um den Bedürfnissen aller Patientinnen und Patienten weiterhin bestmöglich gerecht zu werden.