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Dr. Irmela Hauber im Interview

Geringe Hemmschwelle für die psychiatrischen Patienten und Patientinnen im kbo-MVZ

Zusammenfassung: Im kbo-Medizinischen Versorgungszentrum – kurz kbo-MVZ – Bad Tölz wird das gesamte Spektrum psychiatrischer, psychotherapeutisch- und psychosomatischer Krankheitsbilder diagnostiziert und behandelt. Dr. Irmela Hauber, Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie, verantwortet am Standort unter anderem die ärztliche Leitung. Im Interview stellt sie die Arbeit am kbo-MVZ genauer vor und erklärt die Besonderheiten.

Von Anna Fleischmann am

Themen:

Frau Dr. Hauber, was ist der Unterschied zwischen dem kbo-MVZ und einer kbo-Klinik?

Irmela Hauber (IH): Die ärztliche Versorgung der Patienten* im kbo-MVZ gleicht der in einer psychiatrischen Praxis. Ich bin hier zusammen mit zwei Kolleginnen, ebenfalls Fachärztinnen für Psychiatrie und Psychotherapie, im Einsatz. Unterstützt werden wir von einer Medizinischen Fachangestellten (MFA) und einer Praxismanagerin, die sich sowohl um unseren Terminkalender und Telefonate als auch um die Abrechnung und die Kommunikation mit den Einrichtungen kümmern, die wir versorgen.

Unser Versorgungspektrum beinhaltet alle psychiatrischen Diagnosen, einschließlich der ADHS-Testung und Behandlung. Andere Berufsgruppen sind im kbo-MVZ nicht vorhanden. Stattdessen sind wir im Austausch mit Hausärzten, Neurologen, Psychologen und Sozialarbeitern sowie mit dem Personal der acht Einrichtungen im Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen, die wir psychiatrisch betreuen.

*Die weibliche und die männliche Form werden in diesem Blogartikel abwechselnd oder gemischt verwendet, es sind jedoch grundsätzlich alle Geschlechter gemeint.

 

Was sind Ihre Aufgaben dort?

(IH): Meine Aufgaben im kbo-MVZ setzen sich aus den Leitungsaufgaben und der Patientenversorgung zusammen. Die Patientenversorgung beinhaltet immer wieder auch die Einbeziehung von Angehörigen, Betreuern, Mitarbeitenden der Caritas und der genannten Einrichtungen.

Bei den meisten Patienten, die zur Erstvorstellung kommen, steht primär die Diagnosestellung im Vordergrund. Dann folgt die Krankheitsaufklärung, manchmal auch eine längere Phase zur Erarbeitung einer Krankheitseinsicht und einer Behandlungsmotivation. Manchmal ist seitens der Patienten nur eine psychotherapeutische Begleitung gewünscht, die wir je nach Kapazitäten als Akut-Psychotherapie oder Kurzzeitpsychotherapie durchführen.

Im Fall der Notwendigkeit einer Medikation werden die Patienten über diese aufgeklärt und die Eindosierung besprochen, die im weiteren Verlauf im Rahmen von Wiedervorstellungsterminen überprüft und gegebenenfalls modifiziert wird.

Einige Patienten kommen langjährig quartalsweise zur Wiedervorstellung. Andere behandeln wir über einen bestimmten Zeitraum, bei ihnen übernehmen dann im weiteren Verlauf bei fortbestehender Indikation die Hausärzte die Verschreibung der Psychopharmaka. Ein Teil unserer Patienten beginnt parallel zu der psychiatrischen Behandlung im kbo-MVZ eine Psychotherapie bei einem niedergelassenen Psychotherapeuten.

 

Was macht die Arbeit im kbo-MVZ so besonders?

(IH): Für mich besteht die große Besonderheit meiner Tätigkeit im kbo-MVZ darin, dass wir mit einer geringen Hemmschwelle für unsere psychiatrischen Patienten da sein können. Wir sind vor Ort sehr gut vernetzt mit den verschiedensten Stellen und auch den niedergelassenen Kollegen. Der wichtigste Punkt hier ist aus meiner Sicht, stets rechtzeitig zu erkennen, wann zusätzliche Maßnahmen für die Behandlung des Patienten indiziert und sinnvoll sind, um eine bestmögliche Versorgung zu gewährleisten.

Durch meine frühere Tätigkeit in der kbo-Lech-Mangfall-Klinik Agatharied habe ich auch dorthin noch gute Kontakte, die oft hilfreich sind. Dies ist auch die Klinik, in die wir im Akutfall die Patienten einweisen.

Ein zweiter wichtiger Punkt im kbo-MVZ ist für mich, dass ich hier im Vergleich zu einer eigenen Praxis im Rahmen meiner ärztlichen Leitung zwar administrative Aufgaben wahrnehme und auch an strukturellen Veränderungen beteiligt bin, ich jedoch nicht in einer derartig umfassenden Verantwortung für Organisation, Verwaltung und Abrechnung wie eben in einer Praxis verantwortlich bin.

 

Welche Patienten kommen ins kbo-MVZ?

(IH): Wie schon erwähnt, kommen zu uns Patienten mit psychiatrischem und auch psychotherapeutischem Behandlungsbedarf, wobei wir das gesamte Spektrum der psychiatrischen Diagnosen abdecken. Ein Teil der Patienten wird von Hausärzten zu uns verwiesen, ein anderer Teil kommt aus eigener Initiative oder zur Weiterbehandlung nach stationär-psychiatrischer Behandlung in der kbo Lech-Mangfall-Klinik Agatharied.

Darüber hinaus gibt es eine Zusammenarbeit mit dem Krisendienst der Region Oberbayern. Die acht Einrichtungen, die wir psychiatrisch betreuen, stellen ein zusätzliches Aufgabenfeld dar. In den Einrichtungen entscheidet jeder Patient selbst, ob er die Behandlung durch die jeweils zuständigen Psychiater wünscht.
 

Würden Sie uns noch Ihren Werdegang schildern?

(IH): Nach Abschluss meines Studiums der Humanmedizin startete ich im April 2000 meine Ausbildung zur Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie im Bezirkskrankenhaus Mainkofen und setzte sie bald im Bezirkskrankenhaus Regensburg fort, wo ich bis August 2004 arbeitete. Mein Neurologie-Jahr absolvierte ich nach Umzug nach Bad Tölz in der neurologischen Abteilung der Unfallklinik Murnau und erwarb im Dezember 2005 den Facharzt in Psychiatrie und Psychotherapie. Es schloss sich dann nach Geburt meiner Söhne 2006 und 2008 eine etwa fünfjjährige Elternzeit an, in der ich ausschließlich gutachterlich-psychiatrisch tätig war. Im Oktober 2011 erfolgte mein beruflicher Wiedereinstieg. Anfangs arbeitete ich in der kbo-Lech-Mangfall-Klinik Agatharied im stationären Bereich, danach für knappe vier Jahre als angestellte Ärztin in der Praxis Dr. Torhorst in Bad Tölz und ab Februar 2016 in der psychiatrischen Institutsambulanz der kbo-Lech-Mangfall-Klinik Agatharied. Durch Eröffnung des kbo-MVZ in Bad Tölz ergab sich für mich dort ein neuer Tätigkeitsbereich, der auch die ärztliche Leitung umfasst.
 

Vielen Dank für das Gespräch, Frau Dr. Hauber.