Wie TZI die Teamarbeit verbessern kann
Zusammenfassung: Gute Zusammenarbeit ist mehr als nur das gemeinsame Erreichen von Zielen – sie basiert auf einer Kommunikation, die respektvoll, offen und nachhaltig ist. Doch wie schafft man eine solche Zusammenarbeit in Gruppen? Das Themenzentrierte Interaktionsmodell (TZI) von Ruth Cohn bietet eine klare und effektive Methode, um genau das zu erreichen. Es setzt auf das Gleichgewicht zwischen den Bedürfnissen des Einzelnen, der Dynamik innerhalb der Gruppe und dem gemeinsamen Thema. In diesem Artikel werfen wir einen Blick darauf, wie das TZI-Modell dabei hilft, eine produktive und wertschätzende Zusammenarbeit zu fördern und welche Prinzipien dabei eine zentrale Rolle spielen.
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Das Themenzentrierte Interaktionsmodell (TZI) wurde unter anderem von der Psychoanalytikerin und Pädagogin Ruth Cohn entwickelt. Es dient als methodisches Konzept zur Gestaltung von Gruppenprozessen und ermöglicht eine effektive, wertschätzende Kommunikation. Indem es die Balance zwischen Individuum, Gruppe und Thema betont, ermöglicht es eine nachhaltige und respektvolle Kommunikationskultur. Zudem zeigt sich, dass effektive Teamarbeit nicht nur das Arbeitsklima verbessert, sondern auch wirtschaftliche Vorteile bringt.
Die Grundprinzipien der TZI
Das Modell basiert auf humanistischen und systemischen Prinzipien und berücksichtigt sowohl individuelle als auch gruppendynamische Aspekte. Der Grundgedanke ist, dass Lernen und persönliche Entwicklung durch die Interaktion zwischen der Person, der Gruppe und dem Thema entstehen.

Das TZI-Dreieck: Drei wichtige Faktoren
Das zentrale Element des TZI-Modells ist das TZI-Dreieck, das drei gleichwertige Faktoren beschreibt:
- Ich – die einzelnen Individuen, mit ihren Bedürfnissen, Gefühlen und Erfahrungen
- Wir – die Gruppe, also die Beziehungen und Dynamiken zwischen den Mitgliedern
- Es – das Thema oder die Aufgabe, mit der sich die Gruppe beschäftigt
Diese drei Faktoren sind ständig miteinander in Wechselwirkung und sollten im Gleichgewicht gehalten werden. Eine Störung in einem Bereich hat Einfluss auf die gesamte Dynamik der Gruppe.
Der vierte Faktor: Das Umfeld
Neben den drei Hauptfaktoren gibt es noch das Umfeld (auch „Globe“ genannt), also äußere Einflüsse, die sich erheblich auf die Gruppendynamik auswirken und unbedingt berücksichtigt werden sollten. Hierzu zählen Faktoren wie der Raum, die Zeit, gesellschaftliche Bedingungen oder institutionelle Vorgaben, also beispielsweise organisatorische Strukturen, kulturelle Faktoren, Rahmenbedingungen wie Zeitdruck, Ressourcen, Hierarchien usw.
Die TZI-Postulate: Wichtige Leitsätze
Ruth Cohn formulierte zwei zentrale Prinzipien, die die Anwendung des TZI-Modells leiten:
- „Sei deine eigene Chairperson“ – Alle tragen Verantwortung für sich selbst und für ihren Beitrag zur Gruppe.
- „Störungen haben Vorrang“ – Konflikte, persönliche Anliegen oder ungelöste Emotionen sollten nicht unbeachtet bleiben, da sie den Gruppenprozess stören können.
Wie das TZI-Modell genutzt wird
Das TZI-Modell findet in vielen Bereichen Anwendung, unter anderem in:
- Pädagogik und Bildung
- Teamentwicklung und Führung
- Therapie und Beratung
- Konfliktmanagement und Moderation
Durch die bewusste Berücksichtigung der drei zentralen Faktoren können Gruppenprozesse effizienter gestaltet und nachhaltige Lern- und Arbeitsstrukturen etabliert werden. So trägt TZI nicht nur zu einer besseren Zusammenarbeit bei, sondern fördert auch langfristigen Erfolg und Zufriedenheit.
TZI in der Praxis: Interview mit zwei Expertinnen
Kathrin S. Müller und Sandra Krien sind beide für kbo tätig, leiten Seminare zum Thema TZI und begleiten das kbo-Führungskräfte-Curriculum. Als selbstständige Trainerinnen und Beraterinnen mit Schwerpunkten in Coaching, Mediation, Gesprächskompetenz, Konfliktlösung sowie Selbst- und Belastungsmanagement bringen sie ihre Expertise in die Praxis. Im Gespräch teilen sie ihre Erfahrungen, wie das TZI-Modell die Zusammenarbeit in Teams verbessern kann.
Was macht das TZI-Modell so besonders für die Zusammenarbeit in Teams?
Kathrin S. Müller: Das Besondere am TZI-Modell ist der ganzheitliche Blick auf Gruppenprozesse. Es betrachtet nicht nur die Sachorientierung („Es“) und die zwischenmenschliche Ebene („Wir“), sondern bezieht auch das individuelle Erleben („Ich“) und den Kontext, in dem das Team arbeitet, mit ein. Diese vier Dimensionen miteinander zu verbinden, macht das Modell besonders praxisnah und anpassungsfähig.
TZI ist nicht dogmatisch, sondern setzt auf situative Steuerung. Je nach Situation kann ein Aspekt – Ich, Wir oder Es – stärker in den Vordergrund treten, solange die anderen nicht dauerhaft vernachlässigt werden. Dadurch bleibt das Modell flexibel und anpassungsfähig.
Was ich daran besonders schätze, ist, dass TZI eine Arbeitsweise fördert, die sowohl sachlich effektiv als auch menschlich wertschätzend ist. Es hilft, Spannungen frühzeitig zu erkennen und aktiv damit umzugehen. Und es lädt jedes Teammitglied dazu ein, Verantwortung zu übernehmen, sich einzubringen und offen zu kommunizieren. Das schafft eine starke Grundlage für eine gelingende und nachhaltige Zusammenarbeit.
In welchen typischen Situationen kann TZI helfen, Konflikte oder Kommunikationsprobleme zu lösen?
Sandra Krien: Das TZI-Modell kann durch die beiden Postulate – hier insbesondere durch das Prinzip der Selbstverantwortung – dabei helfen, Konflikte und Kommunikationsprobleme besser zu verstehen und zu bearbeiten. Wenn ich mir meiner eigenen Gedanken, Gefühle und Bedürfnisse bewusst bin und mich reflektiert frage, wie ich damit umgehen möchte, entsteht eine gute Grundlage für konstruktive Konfliktlösung. In der Mediation spricht man in diesem Zusammenhang von „Windows 1“ – also der Idee, dass man sich zunächst selbst besser verstehen lernt.
Hilfreich ist auch das zweite TZI-Postulat, das Prinzip „Störungen (und Betroffenheiten) haben Vorrang“. Gerade im Arbeitskontext wird das oft übersehen.
TZI ist in dem Sinne ein idealistisches Modell, das uns immer wieder zur Reflexion einlädt. Auch wenn das Ideal nicht immer erreichbar ist, bietet es eine wertvolle Haltung, um mit schwierigen Situationen bewusster und menschlicher umzugehen.
Wie können Führungskräfte das Modell nutzen, um ihre Teams besser zu unterstützen?
Sandra Krien: Typische Situationen, in denen Führungskräfte das TZI-Modell nutzen können, sind zum Beispiel Teambesprechungen oder Teamtage. Das Modell basiert auf der Dynamik zwischen Ich, Wir, Es und dem Globe (= Umfeld). Manchmal steht das Ich im Vordergrund, etwa wenn es um persönliche Anliegen oder Eigeninteressen geht. Dann wieder ist das Wir zentral – zum Beispiel bei der Frage, wie man miteinander umgehen will, bei der Gestaltung von Kommunikation oder bei der Bearbeitung von Konflikten, ganz im Sinne von „Störungen haben Vorrang“. Und schließlich braucht es auch immer wieder die bewusste Fokussierung auf das Es – also auf den konkreten Auftrag oder das gemeinsame Ziel. Gerade hier erleben viele Teams Unterstützung durch klare Führung.
Gibt es ein konkretes Beispiel aus einem Ihrer Seminare, das zeigt, wie TZI den Teamalltag verbessert hat?
Sandra Krien: Ein konkretes Beispiel aus meinen Seminaren ist der Umgang mit den Kommunikationsregeln der TZI. Besonders die Regel „Ich spreche per Ich und nicht per Man, Wir oder Es“ zeigt immer wieder, wie schwer es auch Führungskräften fällt, Verantwortung für eigene Aussagen zu übernehmen. Das Thema Eigenverantwortung ist im Teamalltag ein zentrales Thema.
Auch andere Regeln – wie das Vermeiden von Verallgemeinerungen, aktives Zuhören oder direkte Ansprache, statt über Dritte zu sprechen – unterstützen eine respektvolle, klare Kommunikation im Team. Diese Punkte kommen auch regelmäßig in Teamsupervisionen zur Sprache.
Unser Ziel als Trainerinnen ist es, durch das TZI-Modell die Selbstreflexion zu fördern und Führungskräften Werkzeuge an die Hand zu geben, um Gruppenprozesse besser zu verstehen und gezielter zu steuern. Viele tun das bereits intuitiv, aber TZI hilft, diese Prozesse bewusster zu gestalten. Besonders positiv wird auch die Kollegiale Beratung aufgenommen, die wir im Seminar üben – viele setzen sie später regelmäßig im kollegialen Austausch ein.
Welche Herausforderungen gibt es bei der Umsetzung von TZI in der Praxis?
Kathrin S. Müller: Die Umsetzung von TZI in der Praxis erfordert mehr als nur theoretisches Wissen – sie lebt von einer Haltung, die von Achtsamkeit, Offenheit, Akzeptanz und Verantwortung geprägt ist. Diese Haltung sollte sowohl von Führungskräften als auch von Mitarbeitenden getragen werden.
Herausfordernd ist dabei vor allem auch, dass vielen das Modell nicht vertraut ist. Es gibt z. B. Widerstände gegenüber (Selbst-)Reflexion und dem Übernehmen von (noch mehr) Eigenverantwortung. Hinzu kommen äußere Faktoren wie Zeitdruck oder organisatorische Rahmenbedingungen – etwa, wenn in den täglichen Arbeitsabläufen kaum Raum für Reflexion bleibt.
TZI ist letztlich weniger eine Methode als eine innere Haltung – eine Haltung der Wertschätzung, bewussten Interaktion und Eigenverantwortung. Und genau das macht ihre Umsetzung anspruchsvoll, aber auch besonders wertvoll.
