Krisendienst Psychiatrie Oberbayern
Zusammenfassung: Psychische Krisen treffen Menschen in ganz unterschiedlichen Lebenslagen – manchmal plötzlich, manchmal über einen längeren Zeitraum hinweg. In solchen Situationen bietet der Krisendienst Psychiatrie Oberbayern qualifizierte Hilfe – rund um die Uhr, kostenfrei und vertraulich. Ziel ist es, akute Belastungen zu lindern und gemeinsam nächste Schritte zu erarbeiten.
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Der Krisendienst Psychiatrie Oberbayern ist rund um die Uhr erreichbar
Unter der Telefonnummer 0800 655 3000 steht die Leitstelle des Krisendienstes allen Menschen in Oberbayern täglich und zu jeder Uhrzeit zur Verfügung, auch an Wochenenden und Feiertagen. Anrufende erhalten dort direkte Unterstützung durch Fachkräfte aus den Bereichen Psychologie, Sozialpädagogik oder psychiatrische Fachpflege. Auch Kinder und Jugendliche können sich an den Krisendienst wenden.
Der Krisendienst ist nicht nur in akuten Krisen zuständig. Gerade auch bei ersten Anzeichen einer Überforderung ist ein frühzeitiger Anruf ausdrücklich erwünscht.
Betroffene erhalten individuelle Unterstützung – auch vor Ort
Oft genügt bereits ein klärendes Gespräch am Telefon. In komplexeren Fällen wird ein mobiles Team eingesetzt, das innerhalb kurzer Zeit vor Ort ist. Die Mitarbeitenden sind immer zu zweit unterwegs, agieren diskret und ohne erkennbare äußere Merkmale.
Die Möglichkeit zur anonymen Kontaktaufnahme senkt die Hemmschwelle. Dennoch versuchen die Mitarbeitenden, eine Vertrauensbasis aufzubauen, um Betroffene und Angehörige gezielter unterstützen zu können. Dabei wird keine Diagnose gestellt, sondern mit den konkreten Symptomen und Belastungen gearbeitet. Die Botschaft ist immer: es ist vollkommen in Ordnung, Hilfe in Anspruch zu nehmen – am besten frühzeitig.
Ein Fallbeispiel aus dem Alltag des Krisendienstes
Eine Frau aus dem ländlichen Oberbayern hinterließ mittags eine Nachricht auf dem Anrufbeantworter des Krisendienstes. Sie sei unsicher, ob sie hier richtig sei, aber es gehe ihr nicht gut – mit der Bitte um Rückruf.
Ein Psychologe der Leitstelle meldete sich zeitnah. Die Frau berichtete von starker innerer Unruhe, Herzrasen, Schlaflosigkeit und zunehmender Überforderung in einem neuen Job. Sie fühlte sich nicht mehr alltagsfähig, kannte solche Symptome bisher nicht und hatte noch keine psychiatrische Behandlung erhalten. Es bestanden keine Hinweise auf Selbst- oder Fremdgefährdung.
Die Situation wurde als ernst, aber nicht als akuter Notfall eingestuft. Die Frau stimmte einem Hausbesuch durch ein mobiles Team zu. Innerhalb von 30 Minuten trafen zwei Fachkräfte bei ihr ein. Gemeinsam mit ihr entwickelten sie einen konkreten Hilfeplan: Anbindung an den Sozialpsychiatrischen Dienst, ein Krisentermin in der psychiatrischen Institutsambulanz, Aktivierung persönlicher Netzwerke und das Erlernen einfacher Selbsthilfestrategien.
Ein stationärer Aufenthalt war nicht notwendig. Am Ende sagte die Frau: „Ich dachte mir, ich bin allein damit.“
Der Besuch brachte ihr Erleichterung und das Gefühl, wieder handlungsfähig zu sein.
Häufige Gründe für Anrufe beim Krisendienst
Die meisten Menschen, die den Krisendienst kontaktieren, tun dies aufgrund eigener psychischer Belastungen. Die Anrufenden berichten unter anderem von depressiven Verstimmungen, Angstzuständen, psychotischem Erleben oder Problemen im privaten Umfeld.
An zweiter Stelle stehen Angehörige, die sich um das Wohl nahestehender Personen sorgen und Unterstützung im Umgang mit der Situation suchen. Auch sie finden beim Krisendienst fachkundige Beratung und Orientierung.
Der Krisendienst ist nur so gut wie sein Netzwerk
Eine wirkungsvolle Krisenhilfe lebt von guter Zusammenarbeit. Der Krisendienst arbeitet eng mit verschiedenen Partnern im Hilfesystem zusammen – etwa mit Sozialpsychiatrischen Diensten, psychiatrischen Institutsambulanzen, Kliniken und Einrichtungen der freien Wohlfahrtspflege. Dadurch können bei Bedarf schnell passende Unterstützungsangebote vermittelt und Übergänge in die Regelversorgung reibungslos gestaltet werden.
Auch Fachstellen und Behörden wie Polizei oder Unterbringungsbehörden stehen in regelmäßigem Austausch mit dem Krisendienst.
Der Krisendienst ist Teil der psychiatrischen Regelversorgung in Bayern
Seit 2021 ist der Krisendienst Teil der psychiatrischen Regelversorgung in ganz Bayern. In Oberbayern arbeiten Leitstelle und aufsuchende Teams eng zusammen. Die Leitstelle wird vom Freistaat Bayern finanziert, die Kosten für die mobilen Einsätze übernimmt der Bezirk Oberbayern. Eine anonyme Kontaktaufnahme ist möglich; personenbezogene Daten werden nur mit Zustimmung erfasst – unter anderem, um bei Folgekontakten gezielter unterstützen zu können.
Im Jahr 2023 wurden in Oberbayern über 32.000 telefonische Kontakte verzeichnet, dazu kamen mehr als 2.300 mobile Kriseninterventionen. Die mobilen Teams erreichen Hilfesuchende – ob in der Stadt oder auf dem Land – in der Regel innerhalb einer Stunde. Auch Sprachbarrieren sind selten ein Hindernis: die telefonische Beratung ist in über 120 Sprachen möglich.

Podcast-Interview mit zwei Mitarbeiterinnen des Krisendienstes
In Folge 2 des Psychiatrie-Podcasts „Psyche im Quadrat“, bei dem seelische Gesundheit aus unterschiedlichen Perspektiven beleuchtet wird, waren im April 2025 Dr. Elif Weidinger und Anna Moosheimer, zwei Mitarbeiterinnen des Krisendienstes Psychiatrie Oberbayern, zu Gast und berichteten über ihren Arbeitsalltag.
Folge 2: „Aus der psychischen Krise: Ein Wegweiser zur Unterstützung“ ist überall zu hören, wo es Podcasts gibt und auf der Website des Bezirks Oberbayern.
Der Podcast ist ein Gemeinschaftsprojekt des Bezirks Oberbayern, dem Oberbayerischen Selbsthilfe Psychiatrie-Erfahrener e. V., der Oberbayerischen Initiative der Angehörigen psychisch Erkrankter und kbo und möchte zur Entstigmatisierung psychischer Erkrankungen beitragen.
