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Wie beeinflusst Arbeit unsere Psyche?

Arbeit und Psyche

Zusammenfassung: Arbeit strukturiert unseren Alltag, schafft Sinn, gibt finanzielle Sicherheit und soziale Zugehörigkeit. Doch sie kann auch zur Belastung werden – insbesondere dann, wenn Druck, Unsicherheit oder fehlende Gestaltungsspielräume überhandnehmen. Die Wechselwirkung zwischen Arbeitsbedingungen und psychischer Gesundheit ist komplex, aber längst wissenschaftlich belegt.

Von Kathrin Bethke am

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Laut der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) hat die Zahl der Fehltage aufgrund psychischer Erkrankungen in den vergangenen zehn Jahren stark zugenommen: 2003 wurden 45,4 Millionen Arbeitsunfähigkeitstage verzeichnet, 2021 bereits 123,3 Millionen. Psychische Erkrankungen stellen damit heute die zweithäufigste Ursache für Fehlzeiten dar. Dies zeigt: Arbeit kann krank machen – sie kann aber ebenso gesund erhalten, wenn die Rahmenbedingungen stimmen.

 

Wie Arbeit unsere Psyche prägt – im Guten wie im Schlechten

Arbeit beeinflusst unsere seelische Gesundheit in beide Richtungen. Ein gutes Team, klare Aufgaben, ein respektvoller Umgang, das kann beflügeln. Wer merkt, dass seine Arbeit Sinn macht und gesehen wird, ist oft auch psychisch stabiler. Doch es geht auch andersherum: Wer unter ständigem Druck steht, keine Anerkennung bekommt oder sich ohnmächtig fühlt, kann auf Dauer krank werden.

Besonders belastend sind:

  • Zeitdruck und Unterbrechungen, die keine konzentrierte Arbeit zulassen,
  • widersprüchliche Anforderungen, unklare Zuständigkeiten oder ständige Veränderungen,
  • Mangel an Einflussnahme, etwa durch starre Hierarchien oder fehlende Mitsprache,
  • woziale Spannungen, zum Beispiel Konflikte im Team, fehlende Unterstützung oder Mobbing, und
  • emotionale Anforderungen, etwa im Umgang mit herausfordernden Patientinnen und Patienten.

Belastungen dieser Art wirken nicht isoliert, sondern summieren sich über die Zeit. Wenn Entlastung, Anerkennung oder Erholungsphasen fehlen, steigt das Risiko für psychische Erkrankungen wie Depressionen, Angststörungen oder Erschöpfungssyndrome.

Wenn Arbeit krank macht und krank hält

Psychische Erkrankungen entstehen meist nicht plötzlich, sondern entwickeln sich schleichend. Viele Betroffene versuchen lange, „funktional“ zu bleiben, oft aus Angst vor Stigmatisierung oder dem Verlust des Arbeitsplatzes. Doch chronischer Stress verändert das Denken, Fühlen und Verhalten und kann dazu führen, dass Menschen den Zugang zu sich selbst und zu anderen verlieren.

Besonders heikel: Die Arbeitswelt kann nicht nur krank machen, sondern auch die Genesung erschweren. Ein schlechtes Betriebsklima, mangelnde Unterstützung beim Wiedereinstieg oder hohe Erwartungen nach einer Krankschreibung führen oft zu Rückfällen.

 

Arbeit kann auch heilen, wenn die Bedingungen stimmen

Doch es gibt auch eine andere Seite: Arbeit kann Halt geben, Struktur bieten und die Ressource sein, die psychische Stabilität zurückbringt – vorausgesetzt, die Arbeitsbedingungen passen.

Förderlich wirken:

  • verlässliche Strukturen und klar kommunizierte Erwartungen,
  • Möglichkeit zur Mitgestaltung und Eigenverantwortung,
  • Wertschätzung durch das Team und Führungskräfte,
  • angemessene Anforderungen, die fordern, aber nicht überfordern, und
  • gesundheitsförderliche Angebote, zum Beispiel Supervision, Coaching oder flexible Arbeitszeiten.

Zudem kann eine offene Unternehmenskultur, die psychische Gesundheit enttabuisiert, entscheidend dazu beitragen, dass Betroffene sich frühzeitig Hilfe holen, noch bevor aus Belastung eine Erkrankung wird.

Was Unternehmen konkret tun können, um die psychische Gesundheit ihrer Mitarbeitenden zu erhalten

Psychische Gesundheit ist nicht nur ein Projekt für die Personalabteilung, sie gehört ins Zentrum der Unternehmenskultur. Arbeitgeber, die es ernst meinen, sollten:

  • psychische Belastungen erfassen – zum Beispiel über Gefährdungsbeurteilungen,
  • Führungskräfte schulen, damit sie Warnsignale erkennen und sensibel reagieren können,
  • Mitarbeitenden zuhören, statt sie nur zu bewerten,
  • Flexibilität ermöglichen, wo es geht, und
  • Raum für Gespräche schaffen, jenseits von Leistungskennzahlen.

Schlichtweg geht es darum, ein Umfeld zu schaffen, das nicht zusätzlich belastet, sondern stärkt. Unternehmen, die Arbeitsbedingungen kritisch hinterfragen und gezielt verbessern, investieren nicht nur in die Gesundheit ihrer Mitarbeitenden, sondern auch in ihre eigene Zukunftsfähigkeit.

Denn: Eine Arbeit, die krank macht, nützt niemandem. Eine Arbeit, die stärkt, nutzt allen.

ntreibt und was uns überlastet, und wenn wir bewusst für Ausgleich sorgen, wird Stress vom Feind zum Verbündeten.