„Für Neueinsteiger ist es spannend“
Zusammenfassung: Wie ist das, als Gesundheits- und Krankenpfleger in der Kinder- und Jugendpsychiatrie zu arbeiten? Wir haben mit Manuel Braunisch gesprochen, der seit 2016 als Gesundheits- und Krankenpfleger am kbo-Heckscher-Klinikum arbeitet.
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Manuel arbeitet seit 2016 im kbo-Heckscher-Klinikum, auf Station 3, die eine offene Krisenstation ist.
Warum wolltest Du Pfleger werden?
Ganz ehrlich: Weil ich nach dem Abi nicht wusste, was ich machen will. Ich habe dann erstmal meinen Bundesfreiwilligendienst im kbo-Isar-Amper-Klinikum absolviert. Das hat mir total gut gefallen und dann habe ich da auch direkt meine Krankenpflege-Ausbildung gemacht. Einen Fremdeinsatz hatte ich hier im kbo-Heckscher-Klinikum. Das fand ich so cool, dass ich nach der Ausbildung gleich hier geblieben bin.
Du bist ja noch sehr jung. Ist die Kinder- und Jugendpsychiatrie (KJP) deshalb für Dich die richtige Wahl, weil Du altersmäßig nah an den Patientinnen und Patienten bist oder findest Du Psychiatrie generell spannend?
Ich finde die Psychiatrie ganz allgemein spannend. Warum ich schlussendlich hier gelandet bin? Ich glaube, das war Bauchgefühl. Für mich war die Psychiatrie ausschlaggebend für die Wahl der Ausbildung. Ich finde es schön, so nah am Menschen zu arbeiten, aus Krisen herauszuführen. Und ich glaube, das liegt mir auch, einfach da zu sein und die Leute zu begleiten. Das ist erfüllend.
Welche Rolle spielt die Pflege in der KJP im kbo-Heckscher-Klinikum?
Im Grunde gestalten wir den Tag 24 Stunden lang, also Aufstehen, Frühstück, Schulalltag beziehungsweise Vormittagsgestaltung, Mittagessen, dann den kompletten Nachmittag. Natürlich haben die Patientinnen und Patienten die Möglichkeit, sich zurückzuziehen und auch mal Zeit für sich zu haben. Aber im Prinzip begleiten wir sie über den ganzen Tag, bis zum ins Bett gehen. Und selbst wenn sie dann nicht schlafen können, sind wir da.
Wir sind wirklich 24 Stunden an jedem Tag die Ansprechpartner für sie, aber auch für die Behandlerinnen und Behandler – die Ärzte, die Therapeuten. Ich sehe uns da schon in einer Schlüsselposition. Und meistens sind wir auch erster Ansprechpartner bei Krisen. Man braucht viel Struktur in diesem Job, weil bei uns viele Informationen zusammenkommen, die man an die richtigen Stellen weiterleiten muss. Gerade bei freiheitsentziehenden Maßnahmen sind wir vom Pflege- und Erziehungsdienst immer an vorderster Front. Da ist natürlich auch viel Belastendes dabei.
Wenn Du einer Abschlussklasse über Deine Arbeit erzählen müsstest, mit dem Ziel, einige von einer Ausbildung als Pflegerin oder Pfleger zu überzeugen, was würdest Du ihnen sagen?
Es gibt ganz viele Pros, aber auch einige Contras. Ich mag die flexiblen Arbeitszeiten, den Schichtdienst. Ich finde es angenehm, dass man immer nah am Menschen ist, sowohl im Kontakt zum Patienten als auch im Team. Und der Beruf ist sicher. Wenn ich wollte, könnte ich heute kündigen und morgen in einer anderen Klinik anfangen. Und schlussendlich – vielleicht klingt das ein bisschen platt, aber: Man hilft Menschen. Das kann erfüllend sein. Leider ist das Ansehen des Pflegeberufs in der Gesellschaft nach wie vor nicht so hoch, trotz der Pandemie.
Nicht nur die KJP sucht händeringend ausgebildetes Pflegepersonal. Was müsste man Deiner Meinung nach mehr hervorheben, um gute Leute zu bekommen – abgesehen von der Bezahlung, die ja tariflich geregelt ist?
Ganz grundsätzlich sollte man die Perspektiven und Aufstiegsmöglichkeiten aufzeigen. Was für mich total wichtig ist, sind Fortbildungen. Dass man nicht groß kämpfen muss, Unterstützung erfährt vom Haus. Denn jede Fortbildung zeigt ja, dass die Mitarbeiterin oder der Mitarbeiter Interesse an der Arbeit hat und sich weiter qualifizieren will. Das kommt letztendlich allen zugute.
Auch Zuverlässigkeit und Transparenz von Seiten des Arbeitgebers finde ich superwichtig. Es gibt leider einen Teufelskreis: Wenn nicht ausreichend Personal vorhanden ist, will man im Zweifel dort nicht bleiben. Wenn man es aber schafft, den Teufelskreis zu durchbrechen, hat man eine entspanntere Personalsituation und kann gut arbeiten.
Glaubst Du, dass das Stigma, das der Psychiatrie nach wie vor anhängt, zum Personalmangel im Pflegebereich beiträgt?
Ich denke, wir haben generell einen Pflegenotstand. Und in der Psychiatrie könnte die Personalsituation angespannter sein. Was das Stigma angeht: Ich glaube, für Neueinsteiger ist es hier tatsächlich eher spannend. Sicher gibt es nach wie vor ein Stigma, das ist unstrittig. Man muss nur mal die Patientinnen und Patienten fragen, wie viele noch „Klapse“ sagen. Das ist ein kleines, aber deutliches Zeichen.
Die Pandemie ist nach wie vor in aller Munde. Was hat sich für Dich und Deine Kolleginnen und Kollegen in der Arbeit auf Station seither verändert?
Man gewöhnt sich zwar an alles, zum Beispiel ans Masketragen. Aber die Belegungssituation ist schon sehr angespannt. Auch nennen sehr viele Patientinnen und Patienten als Belastungsfaktor die Pandemie. Eine Veränderung gibt es in unserem Konzept, das darauf beruht, die Anforderungen zu steigern. Durch Corona sind so Dinge wie Belastungserprobung, also zum Beispiel mal ein Wochenende zuhause zu verbringen, nur noch bei strenger medizinischer Indikation erlaubt. Das macht aus Pandemie-Sicht Sinn, ist aber für das Konzept auf unserer Station wirklich schwierig.
Außerdem dürfen wir nur noch mit zwei Patientinnen und Patienten in den Ausgang gehen. Vorher haben wir bei schönem Wetter unsere Sachen gepackt und sind in den Park oder an die Isar gegangen. Seit über einem Jahr sind wir in unseren Aktivitäten sehr eingeschränkt, da merkt man deutlich die Pandemie. Wenn man jeden Tag auf Station ist, dann verliert man ein Stück weit die Kreativität, was man mit den Patientinnen und Patienten machen könnte. Das ist schon sehr schade. Da hoffe ich, dass sich das jetzt durch die Impfungen und niedrigere Inzidenzen wieder bessert.
Auf was freust Du Dich am meisten, wenn wir pandemiemäßig aus dem Gröbsten raus sind?
Urlaub und Klettern. Ich habe bei mir daheim ums Eck einen kleinen Kletterturm, nicht die Welt. Aber diese regelmäßige halbe Stunde beim Klettern, das fehlt mir. Ich will jetzt gleich mal anrufen, ob wir wieder kommen dürfen.
Lieber Manuel, vielen Dank für das Gespräch!
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