Zum Seitenanfang

Krisendienst Psychiatrie Oberbayern: Abschlussbericht

In seinem Abschlussbericht fasst der Krisendienst Psychiatrie Oberbayern die Nutzung seines Angebots im Zeitraum von April 2016 bis September 2020 zusammen.

Telefonische Krisenintervention

Die telefonische Inanspruchnahme des Krisendienstes hat sich im Berichtszeitraum mehr als verdoppelt auf zuletzt über 2.500 Telefonkontakte pro Monat. Insgesamt gab es im Berichtszeitraum mehr als 104.000 Telefonkontakte, darunter in 45.091 Fällen eine Kontaktaufnahme in akut krisenhaften Situationen.

In erster Linie haben Betroffene selbst (63,8 %) oder deren Angehörige (21,6 %) angerufen. In durchschnittlich 2,6 % der Fälle nahmen Polizei oder Kreisverwaltungsbehörden Kontakt zum Krisendienst auf, mit deutlichem Anstieg seit Anfang 2019 auf zuletzt 5,2 %.

Ein knappes Drittel (31,6 %) aller Nutzer*innen nahm den Krisendienst mehr als einmal in Anspruch, davon mehr als die Hälfte zweimal; 42 Personen nahmen den Krisendienst im gesamten Berichtszeitraum zwischen 100- und über 500-mal in Anspruch.

Dreiviertel der Anruferinnen und Anrufer kamen aus der Metropolregion München. In den anderen Regionen kam es im Berichtszeitraum zu einem allmählichen Anstieg der Inanspruchnahme.

Die durchschnittliche Dauer der telefonischen Krisenintervention stieg bis 2018 an und bewegte sich seitdem zwischen 21,4 und 25,1 Minuten.

In knapp 70 % der Fälle reichte die telefonische Intervention zur Deeskalation der Krisensituation aus, fast immer einhergehend mit Empfehlungen der Leitstelle, wo Anruferinnen und Anrufer bei Bedarf weiterführende Unterstützung erhalten können. Insgesamt knapp 10.000-mal wurden im Berichtszeitraum tagesgleich persönliche Kriseninterventionen oder Vermittlungen an ambulante Versorgungsangebote durchgeführt. Notfallmaßnahmen im engeren Sinn wurden in 435 Fällen (1,0 %) veranlasst.

Die drei am häufigsten genannten Problemspektren waren schwere Belastungen/Anpassungsstörungen mit 25,6 %, affektive Störungen (21,1 %) und Störungen des Realitätsbezuges (12,0 %). 

Persönliche Kriseninterventionen

Persönliche Kriseninterventionen werden dann von der Leitstelle initiiert, wenn die geschilderte Situation im Telefonat besonders komplex, unübersichtlich und nicht ausreichend klärbar ist, die Klientinnen und Klienten im Gespräch nicht sicher zugänglich sind oder Gefährdungen nicht ausgeschlossen werden können.

Nach einem allmählichen Anstieg während der Aufbauphase erhielten seit Ende 2018 bis Anfang 2020 zwischen 150 bis (über) 180 hilfebedürftige Personen pro Monat binnen einer Stunde eine persönliche Krisenintervention vor Ort. 

Analog der telefonischen Krisenintervention wurden auch die persönlichen Kriseninterventionen zu 75 % im Einzugsgebiet der Landeshauptstadt München und den umliegenden Landkreisen durchgeführt. 

Die Dauer der Interventionen bei den Klientinnen und Klienten betrug im Durchschnitt 97,7 Minuten.

In 76,4 % der Einsätze konnte die Krise vom Einsatzteam selbst deeskaliert und die Intervention abgeschlossen werden. In 22,6 % der Fälle waren weitere Maßnahmen erforderlich, der größte Anteil davon waren Vermittlungen in stationäre Behandlung oder eine zunächst ambulant-psychiatrische Vorstellung.

Ähnlich wie bei der telefonischen Krisenintervention, und dabei um 8,7 Prozentpunkte mehr, fanden auch persönliche Kriseninterventionen am häufigsten bei Betroffenen mit dem Problemspektrum Belastungsstörungen/Anpassungsstörungen (34,3 %) statt, in 20,6 % bei affektiven, in 15,6 % bei Störungen des Realitätsbezugs. In 4,3 % der Fälle war Suizidalität primärer Anlass für eine persönliche Krisenintervention. 

In der Mehrzahl der Fälle (N = 4.609) waren neben den Betroffenen weitere beteiligte Personen bereits bei Eintreffen des Einsatzteams vor Ort — zumeist Angehörige (61,5 %) oder Freunde, Nachbarn (10,1 %) etc. Bei 883 der persönlichen Kriseninterventionen musste weitere Unterstützung hinzugezogen werden — zumeist Rettungsdienste (29,0 %) oder die Polizei (26,5 %).

Als Fazit lassen die Zahlen des Abschlussberichtes folgende wichtige Erkenntnisse zu:

  • Die gesamte, große Bandbreite der im Netzwerk des Krisendienstes Psychiatrie Oberbayern verankerten Hilfen wird benötigt und benutzt.
  • Neben der sofortigen telefonischen Krisenintervention spielt die Lotsenfunktion der Leitstelle eine zentrale Bedeutung.
  • Kompetenz und Ressourcen zur abschließenden Krisenintervention sind sowohl in der Leitstelle wie in den Einsatzteams hoch.
  • Verfügbarkeit und Nutzung tagesgleicher weiterführender Hilfeangebote ist offensichtlich notwendig wie gegeben.
  • In allen Regionen ist eine Zunahme der Inanspruchnahme zu verzeichnen; Einsätze und persönliche Beratung werden unterschiedlich intensiv, aber ausnahmslos angefragt und genutzt (erforderlich).
  • Es besteht ein hohes Maß an Übereinstimmung zwischen Leitstelle und Einsatzteams bezüglich Einschätzung von Schweregraden und Akuität/Dringlichkeit.

Hintergründe zur Erhebung

Die Daten wurden auf Basis einer computergestützten Dokumentation erfasst. Der Bericht enthält alle Kontakte zwischen Krisendienstmitarbeiterinnen und -mitarbeitern und Hilfesuchenden (telefonisch und persönlich).

Abschlussbericht zum Download

Hier können Sie sich den Abschlussbericht 2016-2020 des Krisendiensts Psychiatrie Oberbayern als PDF herunterladen.

Von Krisendienst Psychiatrie Oberbayern 14. Oktober 2021

Zum Krisendienst Psychiatrie Oberbayern

Unter der Nummer 0800 / 655 3000 können sich die Bürgerinnen und Bürger Oberbayerns in seelischen Krisen täglich von 0 bis 24 Uhr an den Krisendienst Psychiatrie Oberbayern wenden. Die Leitstelle des Krisendienstes unterstützt Menschen in akuten psychischen Notlagen sowie Angehörige, Bezugspersonen und Fachkreise. Der Krisendienst berät auch Kinder und Jugendliche beziehungsweise deren Eltern. 

Die Mitarbeitenden hören zu, fragen nach und klären gemeinsam mit den Betroffenen die Situation. Bei Bedarf vermitteln sie die Anrufenden in geeignete Hilfeangebote. Diese reichen von Beratungsgesprächen über ambulante Krisenbehandlungen, mobile Einsätze vor Ort bis hin zur Weitervermittlung in stationäre Behandlung. Wenn notwendig steht auch ein mobiles Einsatzteam persönlich zur Seite.

Hier geht es zur Website des Krisendiensts Psychiatrie Oberbayern, auf der Sie weitere hilfreiche Informationen finden.