Ärztlicher Direktor und Chefarzt Dr. Robert Kuhlmann geht in Ruhestand
Dr. Robert Kuhlmann, Chefarzt der kbo-Lech-Mangfall-Klinik Landsberg am Lech, verabschiedet sich zum 01. August 2021 nach 22 Jahren als Chefarzt sowie als Ärztlicher Direktor der kbo-Lech-Mangfall-Kliniken gGmbH in den Ruhestand. Barbara Falkenberg hat mit ihm gesprochen.
Herr Dr. Kuhlmann, nach 22 Jahren verabschieden Sie sich als Chefarzt der kbo-Lech-Mangfall-Klinik Landsberg am Lech in den wohlverdienten Ruhestand. Mit einem lachenden und einem weinenden Auge?
Das lachende überwiegt, auch wenn ich aus tiefstem Herzen sagen kann, dass ich jeden Tag gerne in die Klinik gekommen bin. Auch wenn das letzte Jahr sehr herausfordernd war und ich es mir anders vorgestellt hätte.
Sie sprechen Corona an …
Ja, das Corona-Jahr war gewissermaßen das „Rausschmeißer-Jahr“ und hatte nicht allzu viel mit Psychiatrie zu tun. Da ging es mehr um Hygienekonzepte und ich war plötzlich als Katastrophenmanager gefragt.
Bevor Sie nach Landsberg gekommen sind, haben Sie Ihre Facharztausbildung in den Bezirkskrankenhäusern Kaufbeuren und Kempten abgeschlossen und dort auch insgesamt zwölf Jahre gearbeitet. Bevor Sie an die medizinische Hochschule Lübeck gewechselt sind, haben Sie bis zum Physikum in Rumänien studiert und gelebt.
Ja, ich war ein sogenannter Numerus-Clausus-Flüchtling.
Hat diese Zeit Sie geprägt?
Sehr sogar. Es war für meine spätere Entwicklung eine außerordentlich wichtige Zeit und Erfahrung, trotz Schwierigkeiten in der damaligen Diktatur. Weil sehr viele Ausländer aus aller Welt dort studiert haben, wurde mein interkulturelles Verständnis intensiviert. Mir wurde in recht jungen Jahren bewusst, dass wir, auch wenn aus unterschiedlichen Kulturen kommend, alle Menschen mit unseren kulturellen Besonderheiten sind.
Sie haben eine soziale Ader.
Mein soziales Gewissen ist in der Tat recht ausgeprägt, ich habe mich, seitdem ich denken kann, für benachteiligte Gruppen oder Menschen eingesetzt.
Sind Sie deshalb Psychiater geworden?
Das hat sicher auch damit zu tun. Ich hätte allerdings auch einen anderen sozialen Beruf ergreifen können, doch dann habe ich mich fürs Medizinstudium entschieden, aber nicht um mich auf bestimmte Organe oder Techniken zu spezialisieren, sondern um den Menschen ganzheitlich zu betrachten und dann auch entsprechend zu behandeln.
Die Psychiatrie ermöglicht, ja fordert, einen weit gefassten Blick.
Genau, man muss viele Aspekte der Patienten als Erkrankte und als Menschen erfassen, im Hinblick auf die kulturellen, sozialen, psychologischen und biologischen Gegebenheiten.
Gab es auch weniger erfreuliche Aspekte in Ihrer Tätigkeit?
In den letzten Jahren sind zunehmend Bürokratie und administrative Aufgaben dazugekommen. Dadurch ist für alle therapeutisch tätigen Mitarbeitenden ein Spannungsfeld entstanden, zwischen den direkt patientenbezogenen Tätigkeiten und der Dokumentation. Allerdings ist diese Ausweitung der Administration nicht medizinspezifisch, sondern betrifft alle gesellschaftlichen Bereiche.
Wie sahen Ihre Arbeitstage in den 22 Jahren denn aus, gab es gewisse Rituale?
Das wichtigste Ritual war die morgendliche Lektüre des Lokalteils des Landsberger Tagblatts, danach wurden die E-Mails gesichtet und dann ging es in die tägliche Besprechung mit allen Mitarbeitenden. Mir war immer wichtig, dass an diesem Meeting wirklich alle Berufsgruppen vertreten waren, so war jeder gut darüber informiert, was auf den einzelnen Stationen und in der Klinik insgesamt gerade los war. Dass diese Sitzungen im vergangenen Jahr Corona zum Opfer gefallen sind, empfand ich als äußerst schade.
Sie waren ja der erste Chefarzt der Psychiatrischen Klinik am kbo-Klinikum in Landsberg am Lech.
Richtig, ich durfte die psychiatrische Klinik an einem Allgemeinkrankenhaus aufbauen und weiterentwickeln, das war damals eine recht neue Idee. Es gab meist noch die großen Fachkrankenhäuser, in gewisser Weise war die Psychiatrie-Landschaft in diese zwei Bereiche gespalten und ist es bis heute, auch wenn wir uns unter therapeutischen Aspekten sehr ähnlich sind.
Es ging Ihnen um eine Eingliederung der Psychiatrie in die Allgemeinmedizin?
Ja, ein gemeinsamer Eingang und eine gemeinsame Cafeteria für alle Patienten, enge Kooperationen mit den somatischen Abteilungen sowie ein Austausch an Know-how waren die Eckpfeiler. Unsere Patienten sind oft zeitgleich an körperlichen Störungen erkrankt, somatische Patienten leiden nicht selten auch an psychischen Problemen, eine wechselseitige Kooperation ist sehr häufig erforderlich. Ein weiterer, wichtiger Aspekt und Vorteil ist, dass wir aufgrund unserer vergleichsweise geringen Klinikgröße ein überschaubares Einzugsgebiet haben und somit für unsere Patienten und deren Angehörige auf kurzen Wegen gut erreichbar sind. Das gilt selbstverständlich für alle drei Versorgungssektoren: stationär, ambulant und tagesklinisch. Ganz nach dem Credo des Bezirkstagspräsidenten Josef Mederer, die Psychiatrie näher zu den Menschen zu bringen.
Kurze Wege hatten und haben auch Ihre Mitarbeitenden. Die kbo-Klinik befindet sich auf zwei Stockwerken.
Stimmt und dass manch einer noch heute von dem „vierten und fünften Stock“ spricht und damit die Psychiatrie meint, zeigt, dass wir noch immer nicht zu 100 Prozent frei vom Stigma sind. Dass aber Nähe und persönliche Kenntnis entstigmatisierend wirken, möchte ich an einem Beispiel erläutern: Der Vorläufer unserer kbo-Klinik war ab 1999 eine psychiatrische Tagesklinik mit Ambulanz in einer privaten Wohnanlage in Landsberg. Als wir dort einzogen, kam eine Mitbewohnerin in unsere Räumlichkeiten und bemerkte etwas spitz: „Na, das kann ja was werden …“. Als wir dann 2002 ins Klinikum zogen, meinte eben diese Bewohnerin: „Schade, dass Sie schon wieder ausziehen“.
Ihre Klinik hat sich ja in diagnostischer und therapeutischer Hinsicht immer weiterentwickelt. Was hat sich zuletzt getan?
Besonders stolz bin ich auf unsere generationsübergreifende kbo-Tagesklinik, die wir vor gut drei Jahren eröffnet haben. Wo speziell ältere Patienten und jüngere Mütter mit kleinen Kindern behandelt werden. Des Weiteren haben wir eine Kindersprechstunde eingerichtet, die Beratungs- und Unterstützungsangebote für die Kinder unserer psychisch erkrankten Eltern anbietet, natürlich ausschließlich vermittelt über die Eltern selbst, wenn gewünscht. Und ab dem 01. Juli 2021 ist eine eigene Physiotherapeutin mit entsprechend ausgestatteten Räumlichkeiten speziell für unsere älteren Patienten und auch unsere psychosomatischen Patienten da.
Wie sehen Ihre weiteren Pläne aus?
Gemeinsam mit meiner Familie werde ich nach Italien ziehen, in eine anregende Kombination aus Kunst, Kultur und Natur.
Herr Dr. Kuhlmann, wir danken Ihnen für dieses Gespräch und wünschen Ihnen und Ihrer Familie alles Gute für die Zukunft!
Abschied in kbo-Medizinkonferenz
In seiner letzten Medizinkonferenz wurde Dr. Robert Kuhlmann schließlich würdig verabschiedet. Prof. Dr. Peter Zwanzger, Sprecher der Ärztlichen Direktoren bei kbo, dankte Dr. Kuhlmann ausdrücklich für die stets exzellente und kollegiale Zusammenarbeit und wünschte ihm für den nächsten Lebensabschnitt alles Gute.
kbo-Lech-Mangfall-Klinik Landsberg am Lech
Die kbo-Lech-Mangfall-Klinik Landsberg am Lech wurde 2002 durch den Bezirk Oberbayern am Klinikum Landsberg neu gegründet. Sie ist verantwortlich für die stationäre, tagesklinische und ambulante psychiatrisch/psychosomatische Versorgung im Landkreis.
Hier kommen Sie auf die Webseite der kbo-Lech-Mangfall-Kliniken.