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„Man muss sehr gut zuhören können, um das Vertrauen seines Gegenübers zu gewinnen“

Seit einem Jahr ist Michaela Geiger Patientenfürsprecherin in der kbo-Lech-Mangfall-Klinik Landsberg am Lech. In einem Interview erzählt die gebürtige Landsbergerin von ihren Erfahrungen der ersten zwölf Monate.

Seit Jahrzehnten liest Michaela Geiger das Landsberger Tagblatt, eher zufällig stieß sie bei der Lektüre auf die Ausschreibung, „Patientenfürsprecherin gesucht“. „Da habe ich mir gedacht: das könnte etwas für Dich sein, ich bin gern für Menschen da“, erzählt die gelernte Schreinermeisterin und bewarb sich beim Bezirk Oberbayern um die Stelle. Dass sie ausgewählt wurde, lag nicht zuletzt an ihren Erfahrungen, die sie mitbrachte. Denn nachdem sie ihren Beruf als Schreinerin nach einem Schlaganfall im Jahr 2016 aufgeben musste, übernahm Geiger Besuchsdienste für den Sozialverband VdK (Verband der Kriegsbeschädigten, Kriegshinterbliebenen und Sozialrentner Deutschlands e. V.). Hier ließ sich zur Pflegebegleiterin ausbilden, nahm an Demenz-Schulungen teil und ist inzwischen im VdK Landsberg Ortsvorsitzende. „Mit diesem ganzen Wissen ausgestattet, habe ich mir die Tätigkeit als Patientenfürsprecherin in der kbo-Lech-Mangfall-Klinik Landsberg am Lech zugetraut“, sagt sie rückblickend.

Seither setzt sich die vierfache Mutter und Oma von fünf Enkelkindern für die Patientinnen und Patienten ein. Auch wenn die Pandemie den Start erschwert hat, ist ihr ihre neue Aufgabe schnell ans Herz gewachsen. Wann immer es ihre Zeit zulässt, radelt die rüstige Rentnerin in die Klinik, „ich hab‘ es ja nicht weit“, verrät sie. Dann geht sie von Station zu Station und sieht nach dem Rechten. Mit ihrer freundlichen, zugewandten Art kommt sie bei allen gut an. Sie stellt sich den neuen Patienten vor, begrüßt bekannte Gesichter und bietet allen ihre Hilfe an. Und die wird immer mehr in Anspruch genommen. Noch mehr, seit ein Flyer mit ihrem Foto ausliegt und auf die Möglichkeit hinweist, Vier-Augen-Gespräche mit ihr zu führen, deren Inhalte streng vertraulich bleiben, weil Geiger unabhängig ist und der Schweigepflicht unterliegt. Viele Patienten freuen sich inzwischen, wenn Geiger erscheint, manch einer wartet schon auf sie. Das Vertrauen zu ihr wächst immer mehr und es spricht sich immer mehr herum, wie gut die Gespräche mit ihr tun.

Aber nicht nur die Patienten profitieren von ihrer engagierten, zuweilen auch resoluten Fürsprecherin, sondern auch ihr selbst bringt die neue Tätigkeit viel Freude und Erfüllung. Wenn sie ein ums andere Mal hört „das war aber jetzt ein nettes Gespräch, wann kommen Sie denn wieder zu uns?“, dann wird Geiger darin bestätigt, am richtigen Fleck zu sein und sinnvolle Arbeit zu leisten. Manch ein Patient zeigt sich aber auch zunächst zögerlich, Geiger gelingt es dann auf verschiedenste Weise, den Bann zu brechen. „Manchen singe ich etwas vor oder wir singen gemeinsam, eine Dame mochte vor allem Kirchenlieder. Musik öffnet die Herzen.“

Zu einem anderen Patienten, ehemals Schreiner, verschaffte ein Austausch über Holzarbeiten den Zugang. „Jedes Gespräch verläuft individuell und spontan, ich folge keinen Regeln, lasse mich von Intuition und Gefühl leiten“, erzählt die Patientenfürsprecherin. So unterschiedlich jedes Treffen mit „ihren“ Patienten auch verlaufen mag, so wichtig ist es, immer äußerst aufmerksam zu sein. „Man muss sehr gut zuhören können, um das Vertrauen seines Gegenübers zu gewinnen“, meint Geiger. Sie trägt ihr Herz am rechten Fleck, das spüren ihre Gesprächspartner schnell. Auch ihre Lebenserfahrung – sie selbst erlitt so manch einen Schicksalsschlag und hatte es nicht immer leicht im Leben, ließ sich jedoch nie unterkriegen – hilft im neuen Amt.

Mit Geiger erfahren die Patienten: da ist jemand, der uns helfen möchte, dem wir vertrauen können, der mit uns auf Augenhöhe spricht und uns und unsere Sorgen ernst nimmt. Wenn manche beispielsweise über ihre Ängste vor der eigenen Entlassung klagen, davor, den Alltag allein vielleicht nicht bewältigen zu können, dann hilft zuweilen schon, darüber mit der netten Patientenfürsprecherin geredet zu haben, anderen empfiehlt Geiger, sich beim zuständigen Arzt zusätzlichen Rat zu suchen.

Nach einem Jahr Tätigkeit in der kbo-Lech-Mangfall-Klinik Landsberg am Lech zieht Geiger eine rundweg positive Bilanz und weiß inzwischen: „Die Probleme psychisch kranker Menschen unterscheiden sich in nichts von denen anderer Menschen.“

Um weiter zu lernen und sich zu schulen, um immer weiter in ihre neuen Aufgaben als Patientenfürsprecherin hineinzuwachsen, möchte Geiger regelmäßig Fachfortbildungen besuchen. „Damit ich die Rolle der neutralen Vermittlerin, die die Interessen der Patienten wahrnimmt und vertritt, immer besser ausfüllen kann.“

Kontakt:
E-Mail: michaela.geiger(at)kbo.de oder Telefon: 0176 420 13028

Von Barbara Falkenberg 4. Mai 2022