Priv.-Doz. Dr. Florian Seemüller ist neuer Vorsitzender des Medizinischen Beirats von BIDAQ
„Für mich ist diese Wahl eine Anerkennung meiner bisherigen Tätigkeit und Leistung im medizinischen Beirat von BIDAQ - dem Bayerischen Institut für Daten, Analysen und Qualitätssicherung, welches die Qualitätssicherung und Versorgungsforschung psychiatrische Kliniken, Ambulanzen und deren Versorgungspartner unterstützt“, sagt Dr. Florian Seemüller. Der Chefarzt der kbo-Lech-Mangfall Kliniken Garmisch-Partenkirchen und Peißenberg war zuvor stellvertretender Vorsitzender und tritt die Nachfolge von Professor Dr. Hans-Peter Volz, Krankenhaus für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatische Medizin Schloss Werneck, an.
Der Beirat übernimmt die wichtige Funktion, die medizinisch-fachliche Expertise einzubringen und den wissenschaftlichen Kontext sicherzustellen. Dr. Julie Korbmacher, Leiterin von BIDAQ, erklärt: „Genau dafür ist Herr Dr. Seemüller hervorragend geeignet. Ich freue mich auf eine noch engere Zusammenarbeit mit ihm.“ Dr. Seemüller wird sich vor allem dem Projekt Pharmako-EpiVig. (= Pharmako-Epidemiologie und –Vigilanz), widmen. „Dabei geht es um die Erfassung der medikamentösen Behandlung und deren Nebenwirkungen von Patienten, die sich in stationärer Behandlung befinden. Ziel ist es, die Qualität der medikamentösen Behandlung in der stationären Psychiatrie zu sichern und zu steigern“, erklärt der Mediziner.
Zweimal jährlich wird in Stichtagserhebungen an allen bislang teilnehmenden 26 psychiatrischen Bezirkskliniken über entsprechende Fragebögen die Ausgabe aller Medikamente erfasst. „Mit diesen Daten ist es uns möglich, unerwünschte Nebenwirkungen und vor allem auch Pharmako-Interaktionen, also Wechselwirkungen verschiedener kombinierter Medikamente, frühzeitig zu erkennen und entsprechend zu reagieren“, fährt der erfahrene Experte fort. Ihm ist wichtig, dass schwere Nebenwirkungen mithilfe des neuen Projekts frühzeitig aufgedeckt werden. „Wir melden die Daten aus den Erhebungen, die von BIDAQ zu Berichten - einem allgemeinen und Einzelberichten für jede Klinik - zusammengefasst werden, an die jeweiligen Kliniken zurück und ermöglichen auch einen anonymisierten Vergleich. Damit sind wir nicht mehr nur auf die oft langjährigen Forschungsdaten offizieller Meldestellen angewiesen“, hebt Seemüller den wohl wichtigsten Vorteil von Pharmako-EpiVig, initiiert und getragen von den sieben Gesundheitseinrichtungen der Bayerischen Bezirke, hervor.
„In der Somatik gibt es meines Wissens noch kein vergleichbares Projekt“, sagt Dr. Seemüller. So sei das Projekt für alle psychiatrischen Kliniken von hoher Bedeutung, denn nicht nur die Patienten mit ihren Erkrankungen würden nach wie vor unter Stigmatisierung leiden, sondern auch deren medikamentöse Therapie. „Es gibt immer noch viele Vorurteile und Vorbehalte gegenüber Psycho-Pharmaka. Viele Patienten haben Angst vor Abhängigkeit oder davor, dass sich ihre Persönlichkeit unter der Medikamentengabe verändern könnte. Manche glauben auch, sie seien unwirksam oder sie fürchten Nebenwirkungen“, erläutert der Psychiater. Als neuer Vorsitzender hat er sich unter anderem Aufklärungsarbeit auf die Fahnen geschrieben. „Ich hoffe, dass wir durch unsere wachsenden Datenbanken auch gezielt Vorurteile entkräften können, wenn unsere Patienten wissen, dass wir ihre Behandlung regelmäßig auf Nebenwirkungen und Interaktionen prüfen. Aber wir leisten nicht nur einen wichtigen Beitrag zur Arzneimittelsicherheit, sondern erhalten selbst auch einen Überblick über das Verschreibungsverhalten und die Verschreibungstrends an den Kliniken.“
Dr. Seemüller sieht eine weitere Aufgabe als Vorsitzender darin, diesen Datenschatz für wissenschaftliche Auswertungen zu spezifischen Fragestellungen – wie beispielsweise den Einsatz von Lithium - nutzbar zu machen. Er verbindet mit der Aufklärungsarbeit auch die Hoffnung, seine Kollegen, die zuweilen über die Zusatzbelastung durch das Ausfüllen der Fragebögen klagen, motivieren zu können, indem sie erkennen, welch wichtigen und wertvollen Beitrag sie damit zur Arzneimittelsicherheit und zur Ent-Stigmatisierung leisten.