Aufklärung und Prävention mit BASTA
Nicht erst seit Corona nehmen psychische Erkrankungen gerade auch bei jungen Menschen stetig zu. Die Bayerische Anti-Stigma-Aktion (BASTA) klärt an Gymnasien, Berufs- und Fachoberschulen von Weilheim bis Berchtesgaden, Schüler über psychische Erkrankungen auf - im Sinne von Prävention und Sensibilisierung. Prof. Dr. Michael Landgrebe, Chefarzt der kbo-Lech-Mangfall-Klinik Agatharied, ist als beratender Experte seit 2015 mit dabei.
Im Klassenzimmer im Erdgeschoss der Fachoberschule in Holzkirchen ist es mucksmäuschenstill. Maria B. (Name geändert), eine Frau in mittleren Jahren, sitzt vor einer 13. Schulklasse des Sozialzweigs. Sie stellt sich den anwesenden Schülern im Alter von 18 bis 20 Jahren vor und verrät, dass sie sich gestresst fühlt. Eine Person aus ihrem Umfeld habe Suizid begangen und eben habe sie einen externen Schnelltest machen müssen, weil sie ihre Impfbestätigung vergessen habe.
Die Schüler hören ihr aufmerksam zu. Sie wissen: Maria B. leidet unter Schizophrenie, einer psychischen Erkrankung, die im jungen Erwachsenalter auftritt. Maria B. stellt sich im Rahmen von BASTA, den Fragen der Klasse. Wie es mit Ihrer Erkrankung losgegangen sei, ob es bestimmte Auslöser für Krisen gäbe, wie ihr Alltag aussähe und ob sie Medikamente nähme, wollen die Schüler wissen. Auch, ob sie sich ausreichend in die Gesellschaft integriert fühle und wie es sei, wenn man Stimmen höre, war für die Kasse von großem Interesse.
Weil psychische Erkrankungen – nicht erst seit Corona – gerade auch bei jungen Menschen immer mehr zunehmen, setzt sich BASTA für Aufklärung und Prävention ein. Zehn Schulen im Landkreis nehmen derzeit an dem Projekt teil. Neben den Betroffenen und den Schülern ist immer auch ein Experte zugegen. In der Fachoberschule in Holzkirchen beantwortete Prof. Dr. Michael Landgrebe, Chefarzt der kbo-Lech-Mangfall-Klinik Agatharied, bereits zum vierten Mal den Anwesenden Fragen aus Sicht der professionellen psychiatrischen Versorgung, erläuterte Hintergründe und Behandlungsmöglichkeiten. „Mir ist die Teilnahme am BASTA-Schulprojekt vor allem deshalb wichtig, weil zum einen psychische Erkrankungen immer weiter zunehmen, und zum anderen, weil gerade auch Schülerinnen und Schüler betroffen sind. Nicht selten führt Lernstress auch zu psychischen Störungen, insbesondere können Depressionen, aber auch Angststörungen oder Drogenkonsum die Folge sein oder aus anderen Gründen auftreten“, erklärt der Chefarzt, der zugleich auch Ärztlicher Direktor der kbo-Lech-Mangfall-Kliniken ist. Zudem seien psychische Erkrankungen weiterhin mit einem großen Stigma behaftet. „Mir ist es ein großes Anliegen, hier durch gezielte Information gerade auch für die jüngeren Menschen, rechtzeitig gegenzusteuern.“
Walter Schäl (81) ist seit 2013 bei BASTA dabei. Der ehemalige IT-Unternehmensberater litt mit Mitte fünfzig selbst unter einem Burnout, eine systemische Psychotherapie half ihm aus der Krise. „Damit junge Leute vor solchen Schicksalen bewahrt werden, klären wir sie mit unserem Projekt niederschwellig auf und nehmen ihnen die Angst, sich rechtzeitig Hilfe zu suchen.“
Für die Jugendlichen ist dieses landesweit einzigartige Projekt eine Gelegenheit, sich im Rahmen ihres Schulbesuchs zu informieren. Einer der Schüler meinte am Ende der Veranstaltung: „Ich habe viel gelernt und es war für mich sehr interessant und aufschlussreich. Maria B. war sehr sympathisch und ehrlich, der Professor hat mit seinen Experten-Antworten viel zu meiner Aufklärung beigetragen, ich denke schon, dass ich mir, sollte ich selbst einmal seelisch in Not geraten, jetzt eher psychologische Hilfe suchen würde als zuvor.“ Eine andere Schülerin sagte: „Es ist ein sehr interessantes Projekt, das genauere Einblicke in die Arbeit der klinischen Psychologie sowie das Krankheitsbild der Schizophrenie gegeben hat. Durch die Erlebnisse und Eindrücke der Betroffenen konnte man sich super in ihre Lage hineinversetzen. Außerdem wurde zum theoretischen Lerninhalt praktische Erfahrung vermittelt.“ Eine andere erklärte: „Es ist ein sehr gutes Projekt, weil ich sonst keinen Kontakt zu psychisch Erkrankten habe. Man konnte Fragen stellen, die man im Internet nicht beantwortet bekommt. Gerade auch Schizophrenie war so greifbarer, vor allem das Symptom „Stimmenhören“ war zuvor nur schwer vorstellbar. Man konnte mit einem Psychiater reden und ihm auch persönliche Fragen stellen, beispielsweise, wie er selbst mit Suizid seiner Patientinnen und Patienten umgeht.“
In jedem Fall trage, so das allgemeine Fazit der Schüler BASTA zur Aufklärung und zum Abbau von Vorurteilen bei. Betroffene Menschen sähe man nach dieser Erfahrung mit anderen Augen, nicht mehr als „unnormal“, psychische Krankheiten nicht als Schwäche an. „Jetzt weiß ich, wie ich mich am besten gegenüber Menschen mit psychischen Erkrankungen verhalte und wie ich sie in ihrem Alltag unterstützen kann“, so eine Schülerin.
Silke Firmbach, Fachbetreuerin Pädagogik/Psychologie und betreuende Lehrkraft der FOS Holzkirchen, ist froh über die Zusammenarbeit. „Das Projekt ist wie immer super gelungen und wir hoffen, dass es auch in Zukunft gemeinsam erfolgreich durchgeführt werden kann.“
Wer sich für das Projekt interessiert, kann sich an Walter Schäl, Telefon 0157 52374240, 08542 5848948, E-Mail: info(at)ospe-ev.de, wenden.