Safewards bei kbo
Mehr Sicherheit und Vertrauen in der Behandlung
Die Kliniken des Bezirks Oberbayern (kbo) setzen seit 2021 das Safewards-Konzept erfolgreich in den verschiedenen fachlichen Einrichtungen um. Dieses international anerkannte Modell schafft eine sichere und vertrauensvolle Umgebung für Patientinnen, Patienten und Mitarbeitende.
Unter dem Begriff „Einrichtung“ werden verschiedene Versorgungs- und Bildungsbereiche zusammengefasst: die Erwachsenenpsychiatrie, die Kinder- und Jugendpsychiatrie, ein geschlossenes Übergangswohnheim, eine Berufsfachschule sowie stationäre und teilstationäre Einrichtungen einschließlich des Maßregelvollzugs.
Alle beteiligten Teams beschäftigen sich mit den zehn zentralen Safewards-Interventionen, die Konflikte reduzieren und die zwischenmenschliche Zusammenarbeit stärken. Darüber hinaus spielt Safewards eine wichtige Rolle in der Ausbildung an den kbo-Berufsfachschulen, sodass bereits angehende Pflegefachkräfte mit diesem bewährten Ansatz vertraut werden.

Was ist das Safewards-Modell?
Das Schaffen eines sicheren Umfelds gehört zu den wesentlichen Zielen jeder Gemeinschaft. Zur Unterstützung dieser sicheren Gemeinschaft, in der man sich auf Augenhöhe begegnet, Verständnis füreinander entwickelt und aufeinander achtet, beschreibt Safewards zehn Interventionen, die auf den Einrichtungen umgesetzt werden.
Das Safewards-Modell macht deutlich, wie Konflikte im Umgang miteinander entstehen können und bietet praxisorientierte Strategien, um diese möglichst zu verhindern. Safewards versteht unter Konflikten alle Verhaltensweisen, die die eigene Sicherheit oder die Sicherheit anderer gefährden – einschließlich der Nichteinhaltung gemeinschaftlicher Regeln.
Welches Ziel verfolgt Safewards?
Safewards verfolgt das Ziel, Konflikte zu minimieren und dadurch resultierende Eindämmungsmaßnahmen zu reduzieren. Durch vorausschauendes Handeln wird ein unterstützendes Umfeld geschaffen, in dem sich Patientinnen, Patienten und Mitarbeitende sicher, respektiert und verstanden fühlen.
Ein besonderer Fokus liegt auf der aktiven Beteiligung aller, denn bei der Gestaltung des gemeinschaftlichen Miteinanders kann jeder und jede einzelne eine aktive Rolle einnehmen und sich an der Konfliktprävention und Lösungsfindung beteiligen.
Der Schlüssel zur erfolgreichen Umsetzung ist die Haltung: Ein respektvoller Umgang auf Augenhöhe stärkt das gegenseitige Vertrauen und bildet die Grundlage für eine tragfähige Beziehungsgestaltung.

Die 10 Safewards-Interventionen
Das Safewards-Modell umfasst zehn Interventionen, die ein wertschätzendes, sicheres und unterstützendes Milieu auf den Behandlungseinheiten etablieren.
Ein respektvoller und verlässlicher Umgang miteinander erfordert, dass eigene Bedürfnisse wahrgenommen und Erwartungen klar formuliert werden. Durch offene Gespräche werden Rollen und Verantwortlichkeiten definiert, Missverständnisse vermieden und Vertrauen gefördert. So entsteht ein respektvolles und kooperatives Klima.
Die vereinbarten Erwartungen werden schriftlich festgehalten und gut sichtbar in der Einrichtung ausgehängt. So entsteht ein wertschätzendes und kooperatives Miteinander.
In belastenden Lebenssituationen fühlen sich Menschen oft verletzlich, haben Fragen oder Anliegen und benötigen Unterstützung. Ein Gesprächspartner, der verständnisvoll kommuniziert, Bedürfnisse ernst nimmt, mit den belastenden Emotionen wertfrei umgehen kann und Unterstützung anbietet, ist in diesen Situationen sehr hilfreich. Diese Intervention unterstützt den Gesprächspartner dabei sich Zeit zu nehmen, zuzuhören und gemeinsam mit dem Betroffenen nach geeigneten Lösungen suchen.
Der Alltag in den Einrichtungen bedeutet, dass nicht nur mit den Patientinnen und Patienten gesprochen wird, sondern bei Übergaben des Personals auch über sie. Auch wenn die Betroffenen nicht anwesend sind, achten die Mitarbeitenden mit dieser Intervention auf eine respektvolle und wertschätzende Kommunikation.
Wenn Menschen aufeinandertreffen, können Konflikte entstehen. Die gemeinsame Aufgabe ist es dann, angespannte Situationen zu entschärfen, um ein unterstützendes und hilfreiches Gespräch zu ermöglichen. Deeskalationstechniken spielen dabei eine entscheidende Rolle. Diese Intervention unterstützt die Mitarbeitenden bei der Anwendung von Deeskalationsstrategien.
Bei dieser Intervention geht es darum, potenziell schlechte Nachrichten auch als solche zu identifizieren, sie so schonend wie möglich zu übermitteln und da zu sein, wenn die Betroffenen nach Erhalt der Nachricht Hilfe und Beistand benötigen.
Mit Anliegen, Fragen und sensiblen Gesprächsinhalten wenden sich Menschen gerne an vertraute Personen. In einer Einrichtung kann dies für Betroffene eine Herausforderung sein, da viele neue, zunächst unbekannte Menschen dort arbeiten. Safewards fördert das „gegenseitige Kennenlernen“, indem sich die Mitarbeitenden den Patientinnen und Patienten oft mit Bildern und einem kurzen Steckbrief vorstellen. Diese Intervention erleichtert es, darüber gemeinsam ins Gespräch zu kommen.
Die Menschen in einer Einrichtung sollten als soziale Gemeinschaft verstanden werden, die Halt bietet und den Genesungsprozess unterstützt. Besonders hilfreich ist oft die Unterstützung von Menschen, die ähnliche Herausforderungen zu bewältigen haben. Safewards fördert diese Idee und bietet als Rahmen die „gemeinsame Unterstützungskonferenz“. Ziel dieser Intervention ist es, gegenseitige Hilfe anzubieten, wertschätzende Rückmeldungen zu geben und zu erhalten, den Alltag gemeinsam zu besprechen und den Zusammenhalt zu stärken.
Jeder Mensch verfügt über eigene Stärken und Bewältigungsstrategien, um sich in herausfordernden Situationen zu beruhigen. Unter akutem Stress ist es jedoch oft schwierig, auf diese Methoden zurückzugreifen. Häufig wird in solchen Momenten Bedarfsmedikation eingesetzt, um eine Beruhigung zu erzielen. Die Safewards-Intervention unterstützt dabei, die eigenen Fähigkeiten zu stärken und bietet den Betroffenen verschiedene Beruhigungsoptionen, die als Alternative oder Ergänzung zur Bedarfsmedikation genutzt werden können.
Man muss nicht direkt in einen Vorfall involviert sein, um sich davon betroffen zu fühlen. In beunruhigenden Situationen ist es wichtig, diese im Anschluss einzeln oder in der Gruppe mit allen Anwesenden zu besprechen. Dadurch wird ein Gefühl der Sicherheit vermittelt und das Vertrauen gestärkt.
Hoffnung ist eine wertvolle Ressource, die Kraft für den weiteren Weg schenkt. Wenn die eigene Hoffnung verloren geht, kann es hilfreich sein, sich durch die Erfahrungen anderer Menschen, die Ähnliches durchlebt haben, daran erinnern zu lassen, dass Hoffnung immer besteht. Aus diesem Grund werden Patientinnen und Patienten kurz vor ihrer Entlassung gebeten, hoffnungsvolle Nachrichten für andere zu hinterlassen. Diese „Entlassnachrichten“ werden gut sichtbar in der Einrichtung ausgehängt und sollen Mut machen.
Hintergrund: Die Entstehung von Safewards
Ein Team um den emeritierten Professor Len Bowers am King’s College in London entwickelte das Safewards-Modell. Grundlage war eine umfassende Forschung, in der mehr als 1.000 Studien ausgewertet wurden. Ziel war es, die Hauptursachen für Konflikte in psychiatrischen Einrichtungen zu identifizieren und wirksame Strategien zur Deeskalation zu entwickeln.
Die Ergebnisse zeigten, dass Safewards das Sicherheitsgefühl und die Zufriedenheit von Patientinnen, Patienten und Mitarbeitenden erhöhen kann. Daher hat sich das Konzept als wertvoller Beitrag zur Verbesserung des Behandlungsklimas erwiesen. Zudem entspricht die Einführung von Safewards der Empfehlung der S3-Leitlinie „Verhinderung von Zwang und Gewalt“.
Möchten Sie mehr über Safewards erfahren?
Auf der offiziellen Safewards-Website finden Sie viele weitere Details zum Konzept.